Samstag, 1. März 2014

Schlägt’s jetzt 13 oder ist es 5 vor 12?

Wer geglaubt hat, die orange-braune „Revolution“ in der Ukraine würde in, naja einem „geordneten“ Übergang verlaufen, liegt leider falsch. Es zeigt sich, dass in dem Land am Dnjepr die Widersprüche zwischen den imperialistischen Blöcken immer deutlicher zutage treten.

Russlands Präsident Wladimir Putin besorgte sich mal eben von der russischen Duma die Erlaubnis, um in der Ukraine notfalls militärisch zu intervenieren, wenn es nach eigenem Gutdünken Anlass dazu gibt. Bereits jetzt werden Truppenbewegungen auf der mehrheitlichen russischsprachigen Halbinsel Krim registriert. Zudem haben scheinbar nicht zuzuordnende Soldaten strategisch wichtige Punkte auf der Krim besetzt und die Streitkräfte Russlands im Westen wurden in Alarmbereitschaft versetzt. Klar ist, dass sollte es zu einer offenen Intervention Russlands kommen, eine klare Verletzung der Souveränität der Ukraine stattfinden würde. So ein Ereignis ist auch im Ränkespiel der Imperialisten keine Routine. Jedoch gibt es aus Sicht des russischen Imperialismus durchaus logische Gründe hier den Hazadeur zu spielen.
Bereits seit Monaten wurde seitens der EU und der USA versucht, die reaktionäre Regierung unter dem nun abgesetzten Präsidenten Janukowitsch zu destabilisieren. Im November kam es erstmal zu Massenprotesten in der Ukraine gegen die Politik der Regierung. Die immer schamlosere Bereicherung der Janukowitsch-Clique und die sich verschlechternde soziale Lage für die Massen dürften der Hauptgrund für den Protest sein, auch wenn in den bürgerlichen Medien vordergründig berichtet wurde, dass die Nicht-Unterzeichnung eines Assoziierungsabkommens mit der EU der Auslöser war. Fakt ist jedenfalls, dass die sogenannte Opposition in der Ukraine es erfolgreich schaffte, sich an die Spitze der Proteste zu stellen und diese für wenig fortschrittliche Ziele zu instrumentalisieren.
Einer der Protagonisten ist Vitali Klitschko, dessen Partei UDAR massiv von der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung unterstütz und aufgebaut wurde. Scheinbar geht es dieser Partei um demokratische Reformen, jedoch wird in Wirklichkeit eine engere Anbindung an die EU angestrebt, zu der Janukowitsch nicht bereits war. Ebenso zu erwähnen, ist die faschistische „Swoboda“ Partei (Freiheit), welche trotz ihres offenen Rassismus und Geschichtsrevisionismus als legitimer Verhandlungspartner seitens des Westens anerkannt wird. Dazu kommt die Partei „Allukrainische Vereinigung Vaterland“ der Oligarchin Julia Timoschenko, die auch den derzeitgen Ministerpräsidenten des Landes Arsenij Jasenjuk stellt. Trotz massiver Propaganda hierzulande wie auch in der Ukraine selbst fühlen sich aber bei weitem nicht alle Protestierenden in der Ukraine von diesen allesamt rechten Parteien repräsentiert.
Der allgemeine Verdruss über die bürgerliche Politik wird deswegen von extrem militant auftretenden faschistischen Gruppierungen genutzt wie dem „Rechten Sektor“ oder der etwas „gemäßigteren“ „Gemeinsame Sache“. Besonders diese Kräfte sind daran beteiligt, vor allem linke oppositionelle zu bedrohen und anzugreifen, um den Unmut gegenüber den bürgerlich-parlamentarischen Parteien in reaktionäre Bahnen zu lenken. Auffällig ist, dass gerade die faschistischen Milizen bei gewaltsamen Zusammenstößen gut ausgerüstet und organisiert waren. E skann zumindest spekuliert werden, ob diese vom Ausland finanzielle Unterstützung erhalten.
Aufhorchen lassen sollte nämlich, dass kurz nachdem in der letzten Woche ein Kompromiss zwischen der Janukowitsch-Regierung und der parlamentarischen Opposition zustande kam, bewaffnete Kräfte die Regierung endgültig zum Abtreten zwangen, und den Kompromiss damit hinfällig werden ließen. Eben dieser Kompromiss kam untermaßgeblichem Einfluss der EU zustande, nachdem u.a. Bundesaußenminister Steinmeier als „Vermittler“ aufgetreten war. Besonders die EU und hier nochmal im speziellen Deutschland können nämlich wenig Interesse daran gehabt haben, mit einem direkten Sturz von Janukowitsch Russland offen zu provozieren. Auch wenn die EU-Imperialisten die Ukraine unbedingt in ihren Einflussbereich integrieren wollen, sind sie dennoch auf gute wirtschaftliche Beziehungen zu Russland angewiesen. Hier sind der Rohstoffimport aus Russland und der Kapital und Warenexport nach Russland zu beachten. Der US-Imperialismus hingegen, der weniger wirtschaftlich mit Russland verbandelt ist und daher weniger Rücksicht nehmen muss, versucht vor allem seine globale Hegemoniestellung auszubauen und scheint weniger die offene Konfrontation mit dem östlichen Rivalen zu scheuen. Dies zeigt sich sowohl an Zbigniew Brzezinskis Eindämmungsdoktrin gegenüber Russland („The great Chessboard“) als auch an den wenig netten Äußerungen von einer US-Diplomatin („Fuck the EU). Beides zeigt auf, dass den USA wenig Grund für Zurückhaltung gegeben scheint und damit der nun herbeigeführte Regierungsumsturz durchaus von diesen gesteuert worden sein kann.
Allerdings war dies, wie sich jetzt zeigt, ein Spiel mit dem Feuer. Dass sich Russland in seiner geostrategischen Lage (auf Krim ist u.a. die Schwarzmeerflotte stationiert) bedroht fühlen würde, musste auch den US-Imperialisten klar gewesen sein. Die nun fast logischerweise erfolgte militärische Mobilmachung Russlands könnte dabei in einen offenen Krieg zwischen der nun pro-westlichen Ukraine und Russland führen. Außerdem ist auch ein Bürgerkrieg nicht ausgeschlossen, denn die große russische Minderheit im Land fühlt sich einerseits durch die nationalistischen Töne der neuen Machthaber bedroht und wird andererseits zum Teil von Russland instrumentalisiert. Das eine wie das andere Szenario ist nicht total unwahrscheinlich und in jedem Fall würden auch die westlichen Imperialisten über weitere Einflussnahme versuchen, solch einen Konflikt in ihrem Sinne zu entscheiden. Schlimmstenfalls könnten dabei sogar eigenen Truppen zum Einsatz kommen, sodass es seit 1945 zum ersten Mal wieder zu einem zwischenimperialistischen Krieg käme.
Die Ukraine ist also tatsächlich ein Pulverfass und es ist schwer abzuschätzen, wie stark die Lage wirklich weiter eskalieren wird. Es zeigt sich in jedem Fall, dass die Imperialisten immer aggressiver vorgehen und die die Widersprüche zwischen ihnen immer offener auftreten. Dabei kann auch nicht davon gesprochen werden, dass die EU und die USA hier einheitlich gegen Russland stünden. Die Interessen, selbst innerhalb der EU sind heterogen und daher ist es kaum vorhersehbar, inwiefern sich die Lage weiterzuspitzen wird.


Die Lehre kann aber schon jetzt gezogen werden, dass die imperialistischen Interventionen der Großmächte weder für die Menschen in der Ukraine noch für die in den imperialistischen Zentren viel Gutes bedeuten. Darum ist für alle InternationalistInnen und Anti-ImperialistInnen höchste Wachsamkeit geboten.

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