Samstag, 26. Mai 2012

Sechs Punkte für mehr Wachstum


Mehr Wachstum in Europa. Das ist das erklärte Ziel von Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihrer Schwarz-Gelben Regierung mit dem „Sechs-Punkte-Plan“. Spätestens jetzt sollten bei allen nicht zur bürgerlichen Klasse gehörenden Menschen die Alarmglocken klirren. Allerdings droht die Bundesregierung den Menschen in den EU-Nachbarländern nicht nur mit mehr Ausbeutung, Umweltzerstörung und Umverteilung, wie „Wachstum“ allgemein verständlich übersetzt werden könnte, sondern auch mit dem Einrichten von „Sonderwirtschaftszonen“ und Treuhandanstalten.

Bisher sind Sonderwirtschaftszonen mit dem geltenden EU-Recht nicht vereinbar. Derzeit gibt es sie nur in so undemokratischen Ländern wie China, Nordkorea oder Russland. Doch da die europäischen Regierungen, sowie der EU-Apparat sowieso dabei sind, verbliebene demokratische Recht und Freiheiten abzubauen, dürfte die Einrichtung von Sonderwirtschaftszonen auch nicht weiter problematisch sein. Diese sollen vor allem in den sogenannten „Krisenstaaten“ wie Griechenland ins Leben gerufen werden, um, wie könnte es anders sein, das Wachstum anzukurbeln. Das Prinzip von diesen Sonderwirtschaftszonen ist keines, was sonst nicht auch angewandt würde. Arbeitsrechts- und Umweltschutzbestimmungen werden zu Gunsten der Kapitalisten noch weiter gelockert. Zudem werden Investitionskosten, vor allem in Infrastruktur, für die Kapitalisten oft schon vorher durch den Staat übernommen, sodass die Profitrate (Verhältnis von Gewinn zu eingesetztem Kapital) höher ausfällt. Weiterhin fallen weniger Steuern als allgemein üblich für die ansässigen Unternehmen an. Letztendlich lässt sich durch den „Sonderstatus“ des betreffenden Gebiets, die verschärfte Ausbeutung als notwendiger Ausnahmefall besser rechtfertigen, als würden solche Maßnahmen im ganzen Land ergriffen.
Jedoch hat sich zu früh gefreut, wer denkt, mit Wohn- und Arbeitsort außerhalb möglicher Sonderwirtschaftszonen aus dem Schneider zu sein. Denn der „Sechs-Punkte-Plan“ verheißt noch weitere spannende Überraschungen. So wird Ländern mit hoher Arbeitslosigkeit empfohlen, den Arbeitsmarkt nach deutschen Vorbild zu reformieren. Ein Schelm, wer böses dabei denkt. Laut Spiegel-Online sollen „Kündigungsschutz gelockert und Beschäftigungsverhältnisse mit niedriger Steuer- und Abgabenlast eingeführt werden“. Dies ist genau auf der Linie der 2003 durch die Rot-Grüne Bundesregierung initiierten Agenda 2010. Auch hier wurden die Kapitalisten von Sozialabgaben befreit, Möglichkeiten zur Leiharbeit ausgeweitet, Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen gestrichen und Arbeitslosenunterstützung an entwürdigende Beschäftigungen gekoppelt u.v.m. Angeblich beruht die gute Stellung Deutschlands als „Exportvizeweltmeister“ auf diesen Reformen. Und weil man in Deutschland so gerne exportiert, gibt es jetzt neben den tollsten Produkten für alle Welt, die Agendareformen für die krisenhaftigtsen EU-Länder noch oben drauf.
Doch das ist noch lange nicht alles. Mittlerweile steht im Raum in den vom Staatsbankrott bedrohten Ländern ähnlich wie in Ostdeutschland, Treuhandanstalten einzurichten. Dieser Exportschlager bundesdeutschen Imperialismus diente zwischen 1990 und 1994 hauptsächlich dazu, den Staatsbesitz der DDR möglichst profitabel an Konzerne zu verscherbeln. Dabei wurden nichtkonkurrenzfähige Betriebe einfach geschlossen, sodass eine grassierende Massenarbeitslosigkeit die Folge war. Gleichzeitig wurden profitable Betriebe wie die Werften oder Jenoptik zu Schleuderpreisen an potenzielle Konkurrenten aus dem Westen verkauft. Ebenso wurden Land und Immobilien oft unter Wert an kapitalianlagebedürftige Reiche aus dem Westen veräußert. Dieses schlaraffenlandartige Wünsch-Dir-Was für Kapitalisten soll sich nun wiederholen. Der Verkauf von Staatsbesitz wird in keinster Weise genug einbringen, um z.B. Griechenland aus der Schuldenfalle heraus zu holen. Es geht vielmehr für die EU-Imperialisten darum, die Situation auszunutzen, um günstig an profitable Unternehmen heran zu kommen. Es droht ein Ausverkauf zu Ramschpreisen. Die Folge wird sein, dass die Schulden von den entsprechenden Ländern trotzdem nicht abgezahlt werden können und die Einnahmen in Zukunft ohne die Staatsunternehmen noch geringer sein werden, sodass weiter Schulden die Folge sein werden. Eine wirkliche Entschuldung von Ländern wie Griechenland oder Portugal ist auch nicht das Ziel der Troika aus IWF, EU und EZB. Schließlich sind die Staatsanleihen zu Höchstzinsen eine Maximalprofit bringende Kapitalanlage für diverse Monopolbanken.


Die Pläne der Bundesregierung, die als Hauptscharfmacher des reaktionären EU-Bündnis fungiert, fordern die unterdrückten Massen wieder einmal heraus. Egal wie Reformen und Maßnahmen genannt werden und trotz verschiedenartiger Auswirkungen; ihr Ziel ist immer, eine noch verschärftere Ausbeutung einzuleiten und demokratische Rechte und Freiheiten einzuschränken. Internationale Solidarität wird nötig sein, um die Menschen in den am schärfsten von der Krise betroffenen Ländern in ihrem Kampf zu unterstützen. Gleichzeitig müssen Illusionen beseitigt werden, die von einer demokratischen EU, gerechten Sparmaßnahmen oder einem Ausweg innerhalb des Kapitalismus reden. 

Dienstag, 22. Mai 2012

Das Dilemma "der Linken"


Nach den beiden Niederlagen bei den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen ist die Debatte um die zukünftige Führung der Partei „Die Linke“ vollends entbrannt.  Auf der 1.Tagung der III. Parteitages am 2./3. Juni soll ein neuer Parteivorstand gewählt werden.  Die nun immer offener geführten Personaldiskussionen symbolisieren dabei die Krise, in der die Partei derzeit steckt.
Bereits im November kündigte der ehemalige Bundesgeschäftsfüher Dietmar Bartsch seine Kandidatur zum Posten des Parteivorsitzenden an.  In  den bürgerlichen Medien wird Bartsch als sogenannter "Reformer" bezeichnet, was in Wirklichkeit für einen eher rechtsgerichteten Kurs innerhalb der Partei steht.  Unterstützung  erhält  Bartsch vor allem aus den ostdeutschen Landesverbänden der „Linken“. Mehr oder weniger Prominente Fürsprecher sind unter anderem der ehemalige Parteivorsitzende Lothar Bisky, der Landesvorsitzende Mecklenburg-Vorpommerns Steffen Bockhahn oder Thüringens Fraktionschef Bodo Ramelow. Dass Bartsch gerade von ostdeutschen Linksparteifunktionären Unterstützung erhält, ist kein Zufall. Hier wird vor allem auf Landesebene versucht, Koalitionen mit der SPD einzugehen. Die  offiziellen Begründungnen für eine Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit der bürgerlichen SPD sind die üblichen Phrasen: „Politik lebt von Mitgestaltung“, „Man dürfe sich der Verantwortung nicht entziehen“ oder „Als fundamentalopposition lässt sich nichts bewirken.“ Der eigentliche Grund für den Schmusekurs der Ost-„Linken“ mit  der SPD aber auch mit den  Grünen dürte aber wohl eher die Aussicht auf gut dotierte Posten und karrierefördernde Kontakte sein.  Mit Dietmar Bartsch als einem der  beiden Vorsitzenden der Linken wären auch auf Bundesebene die Weichen auf Rot-Rot (-Grün) gestellt. Dieser ist immerhin Duzfreund von Ex-SPD-Generalsekretär Hubertus Heil und wird von SPD-Partei-Chef Sigmar Gabriel „ein Ausdnahmetalent in der deutschen Politik“ genannt.  Auch inhaltlich steht Bartsch für eine Anbieberung an die Positionen der bürgerlichen Parteien.  So will er den von der „Linken“ im Parteiprogramm geforderten Truppenabzug aus Afgahnistan keineswegs „schon übermorgen“.
Ein anderer Altbekannter, der mit einer Kandidatur zum Bundesvorsitzenden liebäugelt, ist  Oskar Lafontaine. Lange hatte dieser gezögert, sich überhaupt zu einer möglichen Kandidatur zu äußern. Nun wäre er eventuell bereit. Allerdings will  er keine Kampfkandidatur gegen  Dietmar Bartsch, sondern nur antreten, wenn Bartsch seinerseits auf eine Kandidatur verzichtete und unter ihm Vize-Vorsitzender der Partei würde. Lafontaine erhält primär Unterstützung für eine Kandidatur im „linken“ Flügel der Partei (u.a. Kommunistische Plattform, Antikapitalistische Linke) und bei westdeutschen Landesverbänden. Lafontaine  ist sicherlich kein Linksradikaler. In der Kriegsfrage zum Beispiel ist er von der aufweichenden Position Bartschs gar nicht so weit entfernt, wenn er die Schaffung eines sogenannten „Willy-Brandt-Friedenscorps“ fordert. Auch  stand er einer Fusion von  WSAG und PDS vor der Bundestagswahl 2005 noch etwas skeptisch gegenüber, da der Name der PDS das Wort „Sozialismus“ enthielt, von dem er sich damals distanzieren wollte. Lafontaine ist zudem ein Vertreter des sogenannte Keynesianismus – ein Wirtschaftsmodell, das darauf abzielt, Krisen im Kapitalismus mit staatlicher Investitions-, Fiskal- und Geldpolitik entgegenzuwirken. Neben der Tatsache, dass Staaten schon immer versuchten, mit diversen Maßnahmen Krisen abzumildern und der gleichzeitigen Utopie, dass dies im Kapitalismus ginge, sieht eine radikale Gegenerschaft zum kapitalistischen System jedenfalls anders aus.
Populärste Unterstützerin Lafontaines  ist übrigens seine Lebensgefährtin Sarah Wagenknecht, die wohl aus taktischen Gründen  auf eine eigene Kandidatur verzichtet. Theoretisch wären mit ihr und Bartsch als Doppelspitze alle Quoten der Partei, was die Besetzung des Vorstandes angeht, erfüllt.  Neben den offiziellen Vorgaben nach einer Frau/Mann- sowie Ost/West-Spitze spielt auch die informelle, aber bedeutende Flügelzugehörigkeit eine Rolle, wonach Wagenknecht den „linken“ Flügel repräsentieren würde. Im Allgemeinen macht die Quotierung den „Linken“ sorgen, denn neben Wagenknecht, die sich viele Mitglieder als Vorsitzende vorsellen könnten, gibt es noch kaum potentielle Kandidatinnen für das höchste Parteiamt. Angekündigt hat sich bisher nur die Bundestagsabegeordnete Sabine Zimmermann. Andere Namen, die im Raum stehen für den weiblichen Part, sind die bisherige Vizevorsitzende Katja Kipping, Bundesgeschäftsführerin Caren Lay oder auch die Bundestagsabgeordnete Dagmar Enkelmann.

Das Hauptproblem „der  Linken“ dürfte aber nicht die Quotierung sein. Diese macht das Prozedere zur Wahl des Vorsitzendenpaars zwar komplizierter, doch das eigentliche Problem liegt in der inhaltlichen Ausrichtung der Partei. Eine verstärkte Regierungsbeteiligung wie Dietmar Bartsch und ein großteil der ostdeutschen Funktionäre sie befürworten, hat der Partei in der Vergangenheit jedenfalls nur (Vertrauens) Verluste eingebracht. In Mecklenburg-Vorpommern zum Beispiel erreichte die damalige PDS noch 1998 264.000 der Zweitstimmen. Danach beteiligte sie sich in zwei Legislaturperioden an „Rot-Roten“ Landesregierungen und bekamm 2006 letztendlich nur noch 137.000 Zweitstimmen. Ähnlich erging es der PDS/Linken in Berlin. Hier erhielt sie bei der Abgeordnetenhauswahl 2001 noch 366.000 Zweitstimmen, um nach zehn Jahren Koalition mit der SPD auf 171.00 bei der Wahl 2011 abzusacken. Diese Verluste erklären sich vor allem dadurch, dass die Linke/PDS, sobald sie sich an einer Regierung beteiligt, sich genauso den Interessen der Kapitalisten anpassen muss, wie jede andere Regierungspartei auch. Und dies geht so gut wie immer gegen die Interessen ihres Wählerklientels, die Arbeiter, Angestellten und Arbeitslosen. In Berlin trug die Linke zum Beispiel die massenhafte Privatisierung von Sozialwohnungen mit, was sprudelnde Gewinne für Immobilienspekulanten brachte, jedoch eine Verschärfung der Wohnraumproblematik in Berlin für die Bevölkerung.  Ein weiteres Beispiel "linker" Kollaboration ist Brandenburgs Wirtschaftsminister Christoffers (Linke), der ein ausgesprochener Verfächter der Emissionsschleuder Braunkohleverbrennung ist und zudem für den Einsatz der gefährlichen unterirdischen CO² Speicherung in Brandenburg eintritt.
Zurecht kritisiert  also z.B. Sahra Wagenknecht, dass ein Abzielen auf Regierungsbeteiligungen im Endeffekt die Linke überflüssig machen würde. Eine weitere bürgerliche Blockpartei, wie sie Bartsch  und Co vorschwebt, würde höchstwahrscheinlich bald ein jähes Ende finden, da allgemein ein Trend des sich Abwendens von SPD/CDU/CSU/Grüne/FDP  zu beobachten ist. Gaben bei den Bundestagswahlen 2002 noch 44.620.000 Menschen einer dieser fünf Parteien ihre Stimme, waren es 2005 nur noch 41.312.000 und 2009 gerade einmal noch 36.560.000. Ein Blick auf die Mitgliederstatistiken beweist ähnliches. Während die SPD 1990 noch 943.000 Mitglieder hatte, hat sie sich zum Jahr 2011 nahezu auf 499.000 halbiert.  Die CDU erreichte 1993 ihren Nachwendezenit mit 685.000 Mitgliedern, steht im Jahr 2011 allerdings auch nur noch bei 500.000. Wenn man die Mitgliederzahlen aller fünf eben genannten Parteien addiert, kommt man für das Jahr 1995 auf einen Wert von 1.707 Millionen Mitgliedern. Dieser sank dann zum Jahr 2011 auf 1.259 Millionen.  Gerade weil die „Linke“ bislang einen relativ scharfen Oppositionskurs zu diesen Parteien eingeschlagen hat, konnte sie zumindest bei Wahlergebnissen relativ gut abschneiden. Die Forderung nach einem flächendeckenden Mindestlohn von 10 Euro, dem Abzug aller deutschen Truppen aus dem Ausland, einer Auflösung der NATO, einer Arbeitszeitreduzierung bei vollem Lohnausgleich und das Verbot aller  faschistischen Organisationen sind Forderungen, die die „Linke“ von den anderen im Parlament vertretenen Parteien abheben. Gerade dieser Umstand  macht sie auch attraktiv für diejenigen, die realisieren, dass CDU/CSU/SPD/Grüne/FDP eben die Interessen der Kapitalisten auf Kosten der breiten Massen vertreten.
Jedoch liegt das Dilemma der „Linken“ nicht nur darin, dass der rechte Flügel die Partei anpassen möchte. Auch von Vertretern der sogenannten „Fundis“, wie Partei"linke" in bürgerlicher Presse abschätzig genannt werden, kommt viel Illusionäres, was an der kapitalistschen Realität vorbei geht. In ihrem Buch „Freiheit statt Kapitalismus“ lobt Sarah Wagenknecht ausdrücklich, die „Soziale Marktwirtschaft“ unter Ludwig Erhard. Eine Einführung eines sozialen Kapitalismus ist allerdings unter den Bedingungen des internationalen Konkurrenzkampfes der Monopole eine Illusion. Ebenso wie die „Kontrolle der Finanzmärkte“ oder die „Verstaatlichung von Banken“. Zugeständnisse an die Arbeiterklasse und die Unterdrückten werden die Kapitalisten nur machen, wenn sie durch die breiten Massen dazu gezwungen werden. Ein parlamentarischer Beschluss, wie von einigen „Linken“ erträumt, wird sie wohl kaum dazu veranlassen. Insofern würde auch ein „Linkskurs“ der Linkspartei die Menschen enttäuschen, wenn sie sich vornehmlich auf parlamentarische Arbeit konzentriert bzw. auf eine Kapitalismusreform. 
Auch wenn im Kampf zwischen Anbiederung an die bürgerlichen Parteien und parlamentarischer Fundamentalopposition sicherlich letzteres zu bevorzugen ist, ist „die Linke“ auch mit grundlegenden Problemen konfrontiert, die den Typus ihrer Partei charakterisieren. So ist nicht nur das inhaltliche Auseinanderklaffen zwischen den Flügeln ein Problem, sondern auch die bloße Existenz von diesen. Eine Partei, die nicht geschlossen agiert und auftritt, dezimiert letztendlich ihre Schlagkraft. Zudem büßt sie an Überzeugungsfähigkeit nach Außen ein, da nicht immer klar ist, wofür die Partei inhaltlich eigentlich steht. Desweiteren führt die Flügel-oder Fraktionenbildung fast automatisch auch zu einer Seilschaftsbildung. Dies ist auch bei anderen Parteien zu beobachten. Als Beispiele seien die Seeheimer bei der SPD, die „Realos“ und „Fundis“ bei den Grünen oder der Andenpakt in der CDU genannt.  Der Effekt ist immer der gleiche. Mitglieder eines Flügel unterstützen sich gegenseitig bei der Vergabe von Posten und versuchen, andere auszustechen. Hierbei steht das karrieristische Streben natürlich im Vordergrund. Eine Legitimation des Polikers durch wirklich demokratische Wahlen, eine Rechenschaftspflicht gegenüber der Parteibasis und den Wählern sowie der selbstlose Einsatz für die Interessen der Wähler werden durch Klüngel und Seilschaften nicht nur erschwert sondern nahezu unmöglich gemacht. Trotzdem führen Auseinandersetzungen zwischen innerparteilichen Strömungen, wie jetzt bei den „Linken“ oft nicht zur Spaltung. Beiden Strömungen ist bewusst, dass der Einzug in Parlamente und somit, die Aussicht auf Posten, staatliche Finanzierung und Medienpräsenz nur erreicht werden kann, wenn man gemeinsame Sache macht. Ansonsten würden beide mögliche Nachfolgeparteien riskieren, marginalisiert zu werden.
Ein weiteres Problem der „Linken“ ist ihre mangelnde ideologisch-politische Klarheit, die ihr in vielen Situationen zum Verhängnis wird. Ein Beispiel ist die Diskussion um die Bezüge des amtierenden Parteichefs Klaus Ernst. Dieser lässt sich neben den Vergütungen,  die er als Bundestagsabgeordneter erhält, nämlich auch noch als Parteichef kräftig bezahlen. Dies brachte ihm dann den Spitznamen „Luxuslinker“ ein. Hätte die Partei klare Statuten, wie viel ein Funktionär erhalten darf, dann wäre diese peinliche Debatte niemals aufgekommen. Außerdem müsste von vornherein klar  sein, dass für einen linken Politiker ein extravaganter Lebensstil nicht in Frage kommt, wenn man den Bezug zur Basis nicht verlieren will.
Ebenso war die Kommunismusdebatte nach Gesine Lötzschs JungeWelt Interview vom 03.01. 2011 ein Beispiel für die Konzeptlosigkeit der Partei. Hätte Gesine Lötzsch die angesprochenen Wege zum Kommunismus ernst gemeint, dann hätte auch die Partei, sowie sie selbst bei der daraug folgenden antikommunistischen Hetztirade zum Gesagten geschlossen stehen müssen. Stattdessen gab es ein Herumlavieren von verschiedenen Funktionsträgern, mit dem Ziel sich irgendwie schon vom Schreckgespenst Kommunismus zu distanzieren, aber dann doch nicht so ganz.  Schließlich gewinnt eine gesellschaftliche Alternative in Krisenzeiten des Kapitalismus bedeutend an Aufwind und viele Wähler der „Linken“ würden sich selbst wohl auch als Kommunisten bezeichnen.
Das hin und her Driften zwischen Anpassung an die Linie der bürgerlichen Parteien und einer radikaleren, oppositionelleren Haltung wird auch bei der „Antisemitismusdebatte“  deutlich. Nachdem muslimische Fundamentalisten auf der  Internetpräsenz der Kreisverbandes Duisburg, ohne dessen Wissen einen Link zu einer antisemitichen Seite postierten, wurde ungeachtet der Umstände sofort eine Verleumdung- und Hetzkampagne gegen „die Linke“ inszeniert. Trotz der offensichtlichen Absurdität der Vorwürfe, es gäbe antisemitische Tendenzen in der Partei, gelang es nicht, den Vorwürfen offensiv zu widersprechen. Aus Angst von bürgerlichen Medien und Parteien noch weiter geschmäht zu werden, ließ Fraktionschef Gysi lieber die Bundestagsabgeordneten eine Erklärung unterschreiben, die es unter anderem Verbot an der Gaza-Hilfsflotte teilzunehmen. Nebst der Tatsache, dass der Hilfkonvoi für Gaza kein Akt des Antisemitismus ist, hätte die Verleumdungskampagne eher dazu genutzt werden können, den anderen Parteien ihre Verstrickungen zu faschistischen und rassistischen Bewegungen vor Augen zu führen.
Das Grundproblem "der Linken" taucht in all diesen Beispielen wieder auf. Es ist der Widerspruch zwischen linker Rhethorik und Außendarstellung auf der einen Seiten und dem sich Einfügen in die bürgerlich-kapitalistischen Gegebenheiten auf der anderen Seite. Die Auseinandersetzung zwischen dem „linken“ und dem „rechten“ Parteiflügel bildet dabei keineswegs die zwei Seiten des Widerspruch ab. Der Flügelkampf ist mehr Symptom des Widerspruchs. Auch die Vertreter des „linken“ Flügels wollen es sich in Parlamentsesseln bequem machen und hoffen auf eine parlamentarische Reformierung des Kapitalismus. Einzig in der Art und Weise wie die Reform durchgeführt werden soll, unterscheiden sich die Flügel. Schlussendlich wird „die Linke“ ihr Grundproblem nicht lösen können und es wird immer wieder in der einen oder anderen Form auftauchen. Eine linke Partei, die den Kapitalismus nicht  durch Revolution abschaffen will, muss entweder anfangen, genaus dies doch zu wollen oder aufhören, eine linke Partei sein zu wollen. Ansonsten macht sie sich auf die Dauer lächerlich und unglaubwürdig und wie alle anderen bürgerlichen Parteien auch– überflüssig.

Donnerstag, 10. Mai 2012

Es wird demokratisch gespart in Europa


Nachdem am Sonntag in Griechenland und Frankreich wichtige Wahlen stattfanden, machen sich in Deutschland bürgerliche Politker und ihnen nahe stehende Medien Sorgen, dass der eingeschlagene „Sparkurs“ nicht wie gewollt durchgesetzt werden könne.  Denn die Wahlergebnisse in beiden Ländern weisen einen deutlichen Linkstrend auf.

In Griechenland schafften die beiden bürgerlichen Parteien zusammen (PASOK und Nea Dimokratia), nicht einmal vierzig Prozent der Wähler hinter sich zu bringen. Stattdessen wurde das Linksbündnis Syriza zweitstärkste Kraft. Auch andere linke Parteien wie die KKE und DIMAR konnten in der Wählergunst zulegen.  Das für die Troika aus IWF, EZB und EU beunruhigenste an diesem Wahlergebnis ist aber nicht einfach nur  der Schwenk nach links sondern, dass sich mit diesem Wahlergebiniss vorraussichtlich keine Regierung bilden lässt, die die Krisenlasten effektiv auf die griechische Bevölkerung abwälzen kann.
Etwas anders sieht die Situation in Frankreich aus. Zwar wurde hier der „Sozialist“  Francois Holland  per Stichwahl in das Präsidentenamt gewählt, doch dass er sich dem „Sparzwang“ ernsthaft widersetzten wird, bleibt äußerst fraglich.  Bevor Hollande den Präsidentschaftswahlkampf begann, galt er als sogenannter „Pragmatiker“, also jemand, der sich schlussendlich den Wünschen des Monopolkapitals unterordnet. Seine linke Rhethorik im Wahlkampf dürfte wohl mehr dazu gedient haben, die Menschen in Frankreich für sich zu begeistern. Denn Hollandes vages Versprechen, den europäischen Fiskalpakt neu zu verhandeln, beinhaltet weder seine eingentlich notwendige Abschaffung, noch konkrete Maßnahmen, die den Massen zu gute kommen.  Nichtsdestotrotz ist die Wahl Hollandes wie auch das gute Ergebnis des Linksfrontkandidaten Jean-Luc Mélenchon ein Zeichen dafür, dass die Menschen die Politik der Abwälzung der Krisenlasten auf ihrem  Rücken satt haben.

Dass dieser Trend nicht einfach nur von „unzuverlässigen Griechen“ und  „rebellierenden Franzosen“  (Spiegel-Online) widergegeben wird, zeigte sich indes bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein. Auch im Mutterland der „Sparer und arbeitssamen Bienen“ Deutschland werden diejenigen, die eine offen massenfeindliche Politik machen, in Wahlergebnissen angestraft. So verloren die bisherigen Regierungsparteien CDU und FDP zusammen über 227.000 Stimmen gegenüber 2009. Der Grund dürfte vor allem darin liegen, dass beide eine aggressiven „Sparkurs“ vorantreiben, worin Lehrerstellen abgebaut werden und vom Land finanzierte Diensleistungen gestrichen werden sollen. Auch die vermeintlichen Oppositionsparteinen haben absolut an Stimmen eingebüßt: SPD (-3800), Grüne (-24.000) und SSW (-8.600). Bezeichnend ist an diesem Wahlergebnis vor allem, dass das Vertrauen der Menschen in den bürgerlichen Parlamentarismus allgemein zu schwinden scheint und nicht mehr nur die eine oder andere bürgerliche Partei trifft. So stieg die Zahl der Nichtwähler in Schleswig-Holstein um 289.000 auf fast vierzig Prozent an.

In der bürgerlichen Öffentlichkeit werden nun zu hauf Reaktionen zum Besten gegeben, die Bedenken äußern, ob der angeblich alternativlose Sparkurs fortgesetzt werde könne. In dieser Diskussion, über die Wahlen und deren Auswirkungen auf die „Sparkurse“, sei es nun der europäische Fiskalpakt oder die verfassungsmäßige „Schuldenbremse“ in Bund und Ländern, kommen die massiv verbreiteten Lebenslügen des EU-Kapitalismus fast schon ungeschminkt zum hervor.

Dass es beim Fiskalpakt oder der Schuldenbremse weder ums eigentliche Sparen noch um haushaltspolitsche Nachhaltigkeit geht, wird bei genauerer Betrachtung der Umstände klar. Zum Beispiel müssen Unterzeichnerstaaten, die ein zu großes Haushaltsdefizit aufweisen, sich beim Europäischen Rat, sowie der EU-Kommission verantworten und Maßnahmen zur Reduzierung des Defizits vorlegen. Die Umsetzung dieser Maßnahmen wird dann von den eben genannten Institutionen überwacht. Will ein Staat also mehr Geld für Sozialleistungen ausgeben, haben die Institutionen der Europäischen Union die Möglichkeit, dies zu verhindern, sobald der Haushalt des betreffenden Staates defizitär wird. Um Sozialleistungen in ausreichendem Maße oder auch nur im bisherigen zu finanzieren, ist ein ausgeglichener Haushalt unter derzeitigen Bedingungen eine Utopie. Insofern bedeutet der Fiskalpakt nichts weiter als Kürzungen von öffentlichen Leistungen. Im Endeffekt ist er eine Abwälzung der Krisenlasten auf die breiten Massen. Denn die Haushaltsplanung der EU Staaten sieht keineswegs vor, an den Stellen zu sparen, an denen es im Interesse ihrer Bevölkerungen wäre. So wird trotz aller Sparrhethorik nicht daran gedacht, die Etats für Rüstung und Kriegseinsätzen radikal zu kürzen. Auch die sich anhäufenden Zinslasten an Monopolbanken sollen auf jeden Fall bedient werden. Dazu werden immer neue Maßnahmen ersonnen, wie der Europäische Stabilitätsmechanismus, für den die Staaten enorme Summen bereit stellen müssen. Auch an Subventionen für Großkonzerne und Finanzspritzen für kriselnde Unternehmen soll nicht gespart werden.
Zudem ist die Rechtfertigung für die verschiedenen Sparmaßnahmen an Heuchlerei kaum zu überbieten. Angeblich hätten die Menschen vorher auf zu großem Fuß gelebt und müssten nun den Gürtel enger schnallen. Jedoch entspringt die Krise der europäischen Staatshaushalte nicht etwa dem dekadenten Savoir-vivre der Europäer garniert mit übermäßigen Sozialleistungen. Das Problem liegt vielmehr darin, dass Regierungen, um Wirtschaftskrisen abzuschwächen oder um die Position eigener nationaler Monopole auf dem Weltmartk zu stärken, Milliarden an Subventionen in die Konzerne haben fließen lassen. Um diese Politik des monopolkapitalistischen Wünsch-dir-was auch weiter betreiben zu können, muss in Zukunft das gesellschaftliche Einkommen noch stärker als bisher zu Gunsten der Bourgeoisie umverteilt werden. Zu genau diesem Zweck wurden Maßnahmen wie EFSF, ESM, Fiskalpakt etc. ersonnen.

Allerdings wird auch eine zweite Lebenslüge in der aktuellen politischen Situation immer mehr enttarnt. Nämlich die, dass es sich gegenwärtig um demokratische Verhältnisse handele in denen die Bevölkerung den politischen Kurs vorgibt. Wenn die Wahlergebnisse allerdings nicht eine willfährige Parlamentsmehrheit produzieren, ist das die zuhauf ausgesprochene Besorgnis allerdings groß, ob der vereinbarte „Sparkurs“ auch eingehalten werde. Dass die Menschen allerdings nicht darüber entscheiden wollen, wer sie ausplündert sondern darüber ob sie überhaupt ausgeplündert werden wollen oder eher nicht, das geht in die Köpfe der europäischen „Demokraten“ nur schwer hinein. Im Allegemeinen stößt die bürgerliche Demokratie sehr schnell an ihre Grenzen, wenn es darum geht, dass die Interessen der Monopolkapitalisten ernsthaft in Gefahr sind. Als der verhasste Reaktionäre Silvio Berlusconi als italienischer Ministerpräsident zurücktreten musste, wurde nicht etwa ein neues Parlament gewählt, sondern einfach der Technokrat Mario Monti installiert. Noch besser war es mit dem griechischen Regierungschef Giorgos Papandreou, der ein Referendum über Griechenlands Verbleib in der Eurozone durchführen wollte und prompt dafür abgesägt wurde.

Generell bahnt sich an, dass das Krisenmanagement für die europäischen Monopolkapitalisten und ihre Regierungen zunehmend schwieriger wird, da ihre Täuschungsmanöver von den breiten Massen immer mehr durchschaut werden. Das wird eben durch Wahlergebnisse, jedoch vielmehr durch zunehmende Streiks und Proteste deutlich. Allerdings muss man sich auch bewusst sein, dass wenn die demokratische Fassade bröckelt, die Monopolkapitalisten nicht einfach dem Willen der Massen folgen werden. Vielmehr werden sie zu offenerer Unterdrückung übergehen, um ihre Interessen zu verteidigen. Insofern wird es nicht nur auf Grund der Klimaerwärmung ein heißer Sommer in Europa.