Es ist eigentlich erstaunlich. Die Sendung „Markus Lanz“ vom
16. Januar mit eben diesem Moderator erregte selbst in den großen bürgerlichen
Medien viel Aufmerksamkeit, nachdem es zu wiederholter Kritik an seinem Umgang
mit Linke-Politikerin Sahra Wagenknecht gekommen war.
Der Grund für die Aufmerksamkeit ist aber weniger Lanz‘
unsachliches und aggressives Moderationsverhalten gegenüber Sahra Wagenknecht,
flankiert vom Stern-Journalisten Hans-Ullrich Jörges, sondern die Tatsache,
dass sich im Internet vielfach empörte Reaktionen auf die Sendung entluden.
Selbst eine Online-Petition, die die
Absetzung von Markus Lanz fordert, wurde bereits von über 130.000 Personen
gezeichnet. Es darf bezweifelt werden, dass, hätte es diese breite Empörung
nicht gegeben, sich überhaupt eine Erwähnung von Lanz‘ Verhalten in den
bürgerlichen Postillen gefunden hätte. Nun aber kann Spiegel-Online wenigstens noch
süffisant nachtreten: „Die Linke sieht sich allzu gern als Opfer der Medien. Sie wittert Zensur,
Kampagnen, Totschweigen ihrer Positionen. Und deshalb ist die Causa Lanz wie
geschaffen für die Partei, in der gar eine eigene Abkürzung für die ungerechten
Medien kursiert.“
Ob nun Lanz‘ Talkshow abgesetzt wird, wie z.B. in
der Online-Petition gefordert, oder nicht, der Kern des Problems ist ein
anderer und nicht auf Markus Lanz zu reduzieren. Denn Lanz ist eigentlich vielmehr
Symptom als Ursache des Problems.
In den bürgerlichen Massenmedien kommen nämlich
wirklich linke Positionen kaum vor, während bürgerlichen Politikern eine
immense Zeit eingeräumt wird, ihre Positionen und Ansichten zu vertreten.
Ebenso sind die „kritischen“ Nachfragen der Journalisten selten darauf
ausgerichtet, die Gesamtargumentation bürgerlicher Politiker zu hinterfragen. „Kritische“
Fragen reduzieren sich zunehmend auf Absurdes und Banales. Geradezu grotesk ist
es beispielsweise, wenn in Sendungen wie „Berlin Direkt“ (ZDF) oder beim „Bericht
aus Berlin“ (ARD) immer wieder moniert wird, wie viele teure Wahlversprechen
die neue Große Koalition nun umsetzen möchte, ohne zu sagen, wie diese
Maßnahmen finanzierbar seien. Aufgeführt werden dann Vorhaben wie die „Mütterrente“
oder die „abschlagsfreie Rente ab 63“ nach 45 Beitragsjahren. Dass die diese
Vorhaben kaum reale Verbesserungen für die Masse der Bevölkerung bedeuten und
durch Inflation, Erhöhung von Sozialversicherungsbeiträgen, Reallohnsenkungen
etc. mehr als aufgefressen werden, wird hingegen nicht kritisiert.
Im Gegenteil. Es wird den bürgerlichen Politikern
ständig nach dem Mund geredet, wenn es um essenzielle Frage geht. So wurde im
Vorfeld des Wahlkampfes einhellig die von der CDU verbreitete Aussage
übernommen, Deutschland ginge es wirtschaftlich extrem gut. Die Millionen
Hartz-IV.Empfänger, Niedriglöhner und unsicher Beschäftigten können also mit „Deutschland“
nicht gemeint sein. Tatsächlich aber haben deutsche Großkonzerne von der
Politik vergangener Bundesregierungen trotz Weltwirtschaftskrise enorm
profitiert. Das liegt einerseits an den unter Rot-Grün verabschiedeten
Agenda-Reformen, die durch eine Ausbeutungsoffensive deutschen Konzernen
Konkurrenzvorteile gegenüber anderen Ländern verschafft haben. Andererseits
liegt es auch an der weiter verschäften Umverteilung des Volksvermögens
zugunsten der Bourgeoisie durch Umlage von Strompreisen auf kleine
Endverbraucher, Bankenrettungsschirme, Subvention von profitversprechenden
Großprojekten (Stuttgart 21, Berliner Flughafen, Elbphilarmonie etc.), Abbau
staatlicher Diensleistungen zur „Haushaltskonsolidierung“, Entwertung von
Löhnen und Sparguthaben durch Anheizen der Inflation usw. usf. Die absolute und
relative Armut in Zusammenhang mit all diesen Maßnahmen zu bringen, darauf kommen
die meisten Journalisten in den Massenmedien nicht. Nicht einmal der noch
geschönte Armutsbericht der letzten Schwarz-Gelben Regierung löste einen
bedeutenden Aufschrei aus.
Es ist also nur logisch, wenn linke Positionen
als wenig realitätsnah erscheinen, wenn gleichzeitig darüber debattiert wird,
ob eine Erhöhung der Hartz-IV Regelsätze um fünf Euro gerechtfertigt ist,
anstatt zu fragen, ob es bei dieser immensen Produktivität in Deutschland
überhaupt notwendig ist, Menschen am Existenzminimum darben zu lassen und in
Niedriglohnjobs zu zwingen.
Wenn dann doch einmal jemand von der Partei „Die
Linke“ kommt und Forderungen nach einem Hartz-IV Satz von 500 Euro und nach
zehn Euro Mindestlohn stellt, ist es fast ein Leichtes, diese Forderungen als
abwegig darzustellen, wenn sich sonst alle über die Richtigkeit von Hartz-IV
und Agenda 2010 einig sind.
Es ist dabei eigentlich schon pervers, wie schon „Die
Linke“ attackiert wird, wenn sie in Talkshows mit Vertretern präsent ist oder
in Artikeln erwähnt wird. Wirklich radikal – auch wenn Leute wie Lanz & Co
es gerne so darstellen – ist diese Partei nämlich nicht. Forderungen wie die
gänzliche Abschaffung der Lohnarbeit anstatt eines Mindeslohnes oder die
Vergesellschaftung aller Produktionsmittel, statt den „Sozialstaat“ zu
reformieren, finden sich nämlich auch bei der „Linken“ nicht. Und solche
Meinungen, die wirklich eine Überwindung des Kapitalismus anstreben, kommen
auch überhaupt nicht in den Massenmedien vor.
Logisch! Wenn schon „Die Linke“ unerfüllbare
Forderungen stellt, die eigentlich nur niedergemacht werden können, ja müssen,
wenn man sich des gesunden bürgerlichen Menschenverstandes bedient, dann sind
die Ansichten von kommunistischen Wirrköpfen höchstens noch etwas für den
Zirkus.
Letztendlich steckt hinter der Art und Weise wie
in den bürgerlichen Massenmedien berichterstattet und diskutiert wird System.
Markus Lanz ist dabei nur ein besonders auffälliges und abstoßendes Beispiel.
In Ausnahmefällen finden sich zwar auch einmal kritische Reportagen oder
radikalere Stimmen, doch diese Gehen unter in dem als „pluralistisch“
verbrämten Einerlei aus FDP vs Grüne vs CDU/CSU vs SPD vs (naja gut) Die Linke.
Die auflagenstärksten Zeitungen befinden sich
alle in der Hand großer Medienmonopole, die schon aufgrund ihres Charakters als
kapitalistischer Betrieb einen ähnlichen Standpunkt vertreten, wie ihre Abbilder
aus Industrie, Dienstleistungssektor, Transportsektor etc. Ähnliches ist über
die privaten Fernsehsender zu sagen. Aber auch die öffentlich-rechtlichen
Fernsehsender, die scheinbar unabhängig sind, verfolgen im Grunde die Agenda
der Bourgeoisie. Die Fernsehräte nämlich, die also über wichtige Personalien
entscheiden, setzten sich nämlich auch aus diversen Vetretern der bürgerlichen
Klassen (Politiker, Kirchenvertreter, Wirtschaftslobbyisten etc.) zusammen. Selbst
also, wenn kritische Journalisten es zu einer Anstellung in einer dieser
Medieninstitutionen bringen, wird ihr kritischer Geist früher oder später von
einem bürgerlichen Chefredakteur gebremst, der erstens die Agenda festlegt
(worüber wird berichtet, worüber nicht) und zweitens unliebsame Artikel auch
zensieren kann.
Es nützt also wenig sich Illusionen über eine „objektive“,
„pluralistische“ oder „kritische“ gar „linke“ Presse zu machen unter den
Bedingungen des Kapitalismus. Die Denkweise der Herrschende wird durch
vielschichtige Verflechtungen eben auch über die Massenmedien transportiert. So
berechtigt es auch ist Lanz weghaben zu wollen, der Rest der Bagage sollte
gleich mit. Das ist zwar jetzt noch unrealistisch, aber der Versuch eine
Gegenöffentlichkeit aufzubauen und auf der Straße Politik zu machen sind ein
guter Weg dahin.