Samstag, 13. April 2013

„Alternative für Deutschland“ – oder auch die Widersprüche innerhalb seiner Bourgeoisie


Nicht erst seit Gründung dieser bürgerlich-rechten Partei ist die Währung „Euro“, das EU-Krisenmanagement und der Trend zu supranationalen Entscheidungsmechanismen im Lager bürgerlicher Parteien umstritten. Besonders innerhalb der Regierungsparteien CDU/CSU und FDP gab und gibt es immer wieder Stimmen, die den Kurs der Bundesregierung nicht vorbehaltlos unterstützen. Nun hat sich die „AfD“ gegründet, die als Partei diesen und anderen Unzufriedenen mit der deutschen EU-Politik eine politische Plattform geben möchte.

Kernforderung der Partei ist eine Auflösung der Euro-Währungsunion und eine mögliche Rückkehr zur DM. Zudem will die Partei Volksabstimmungen vor allem zu europapolitischen Fragen abhalten lassen und gibt vor, „für demokratische Kontrolle, Transparenz und Bürgernähe“ zu sein.  Was auf den ersten Blick demokratisch klingt, stellt sich bei genauerem Hinsehen als bloße Interessenpolitik einer zunehmend an Einfluss verlierenden Klasse heraus. Denn wie die eingeforderte demokratische Kontrolle aussehen soll, wird nicht weiter erklärt. Vor allem sollen Nebentätigkeiten von Abgeordneten verboten werden und Entscheidungskompetenzen an nationale Parlamente zurück gegeben werden. Jedoch waren auch lange bevor die „Europäische Integration“ in Gang gesetzt wurde bürgerliche Parlamente alles andere als repräsentativ für den Willen der Bevölkerung. So wurden und werden Gesetzesvorlagen in nicht-öffentlich tagenden Ausschüssen erarbeitet, in denen ganz demokratisch nicht gewählte Vertreter der Bourgeoisie mitarbeiten. Die eigentlichen Parlamentssitzungen dienen dann nur noch zur scheindemokratischen Absegnung längst getroffener Entscheidungen. Nur weil nach Vorstellung der „AfD“ Abgeordnete keinen „Nebentätigkeiten“ mehr nachgehen dürfen, heißt auch das nicht, dass diese dann im Sinne der Massen entscheiden würden oder gar könnten. Die meisten Bundestagabgeordneten stehen wohl nicht auf jedweder Gehaltsliste aller großen deutschen Konzerne und entscheiden trotzdem ständig zu deren Gunsten. Überhaupt gewählt werden zu können, setzt meistens schon die Gunst der herrschenden Kapitalistenklasse voraus. Und wenn dann ein „Volksvertreter“ doch mal nicht spurt, lassen sich auch andere Druckmaßnahmen finden, als die derzeit gängige Praxis offen zu korrumpieren.
Was die bürgerlichen - vor allem Herren der - „AfD“ wirklich stört, ist das ihre eigene Klasse, die der nicht zum Monopolkapital gehörenden Bourgeoisie, immer weniger Einfluss hat und die Politik sich immer mehr gegen deren Interessen wendet. Zum Beispiel wird scheinbar antikapitalistisch gefordert, dass Banken, Hedgefonds und private Großanlegen die Kosten für die Krisenprogramme wie den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) tragen sollen, anstatt diese durch Steuereinnahmen zu finanzieren. In der Tat geht die Finanzpolitik in der BRD auch immer mehr zu Lasten der nichtmonopolisierten Bourgeoisie. So werden diese steuerlich höher belastet als das Monopolkapital, erhalten aber viel weniger Subventionen vom Staat als dieses. Ebenso verfügt die nichtmonopolisierte Bourgeoise – medial auch oft als Mittelstand bezeichnet -  meist gar nicht über das Kapital, um an der internationalen Spekulation teilzunehmen, die ja die noch anhaltende Wirtschafts- und Finanzkrise zum Ausbruch brachte. Insofern ist dieser Teil der Kapitalistenklasse natürlich auch daran interessiert, nicht in die Haftung mit einbezogen zu werden. Vielmehr hatte die Wirtschafts- und Finanzkrise existenzbedrohende Auswirkungen für die nicht-monopolisierte Bourgeoisie.  Notwendige Kredite zur Reproduktion der eigenen Kapitalbasis wurden von den Monopolbanken wenn überhaupt nur zu äußerst ungünstigen Konditionen gewährt, sodass viele Unternehmen Gefahr liefen, insolvent zu gehen. Außerdem  brachte die Überproduktionskrise fast alle Kapitalisten in Absatzschwierigkeiten, da zu viele Produktionskapazitäten vorhanden waren für den eingeengten Markt. Die dann notwendige Kapitalvernichtung geschieht somit auch auf dem Rücken der nichtmonopolisierten Bourgeoisie, die dann bewusst vom Monopolkapital in die Insolvenz getrieben wird. Zudem waren staatliche Konjunkturprogramme in erster Linie an die monopolisierte Bourgeoisie gerichtet und kamen der nichtmonopolisierten nur zweitrangig zu gute.
Auch die Abschaffung des Euro steht nicht im Widerspruch zum Klasseninteresse der nichtmonopolisierten Bourgeoisie. Da sie ihre Produktion größtenteils national ausrichtet und keinen oder kaum Kapitalexport in Form von internationalen Investitionen betreibt, ergeben sich wenig Vorteile durch eine Gemeinschaftswährung. Zudem wird Großteils auch nur für den nationalen Markt produziert oder man ist als Zulieferer der ansässigen Monopole tätig.
Die Gesamtheit des recht überschaubaren Programmkatalogs der „AfD“ unterstreicht weiterhin deren Lobbyismus für die „kleinen“ Kapitalisten. So wird der „Schutz für die Familie als Keimzelle der Gesellschaft“ gefordert und eine „Kinder-und familienfreundliche“(re) Politik. Letztendlich sieht sich auch die „AfD“ mit dem Dilemma konfrontiert, dass die für den kapitalistischen Produktions- und Reproduktionsprozess  essentielle Familie gerade durch den ausbeuterischen Charakter des Kapitalismus  unterminiert wird.  Die Krise der bürgerlichen Familienordnung trifft vor allem die nichtmonopolisierte Bourgeoisie, da diese noch mehr als das Monopolkapital auf eine langjährige Stammbelegschaft angewiesen ist.  Die zunehmende Zerrüttung der Familienverhältnisse und die Überlastung der Familie als Solidargemeinschaft mindert somit auch die ausbeutbare Arbeitskraft der Angestellten. Gerade kleinere Betriebe sind viel weniger in der Lage, die resultierenden Arbeitsausfälle zeitnah zu kompensieren.  Die Antwort der „AfD“ liegt allerdings im Naturell ihrer Klasse. Diese überkommene Familienordnung mit allerlei staatlicher Förderung aufrecht zu erhalten.
Was die Einwanderungspolitik angeht, will man einerseits „eine ungeordnete Zuwanderung in unsere Sozialsysteme“ verhindern, andererseits aber „qualifizierte“ Zuwanderung fördern. Abgesehen von der latenten Menschenverachtung, die Migranten in verwertbar und nichtverwertbar unterteilt, sollte sich gefragt werden, welche Sozialsysteme gemeint sind, in die überhaupt zugewandert werden kann. Die chronische medizinische Unterversorgung, die Minimierung der Rentensysteme oder das entwürdigende Hartz-IV System können mit der Bezeichnung „Sozial“ ja nicht gemeint sein. Ganz ihrer Interessenlage folgend fordert die „AfD“ allerdings auch nur beim Rentensystem eine Verbesserung der Sozialleistungen und schert sich ansonsten nicht um das Schicksal der zunehmend verarmenden Bevölkerung.
Auch wenn der sozialchauvinistische Charakter dieser Partei im Forderungspapier nur bedingt zum Ausdruck kommt, ist er doch wesentlicher Bestandteil in deren Partei-sowie Klasseninteresse.  Angedeutet wird er mit der dubiosen Aussage: „Wir setzen uns dafür ein, dass auch unkonventionelle Meinungen im öffentlichen Diskurs ergebnisoffen diskutiert werden, solange die Meinungen nicht gegen die Werte des Grundgesetzes verstoßen.“, will man wohl schon mal das für weitere rassistische Ausfälle und Angriffe auf die Lebensverhältnisse der Werktätigen vorbereiten. Denn die Anhängerschaft dieser Gruppierung besteht vor allem aus Leuten, die keine Berührungsängste mit ultrareaktionären politischen Gruppen haben. Ob manche nun für die faschistoide „Junge Freiheit“ schreiben, mal bei Pro NRW waren, die „Republikaner“ mal ganz gut fanden für viele ist Platz bei „AfD“. Sicherlich wäre es übertrieben die Partei als faschistisch oder faschistoid zu bezeichnen. Sie kann eher als eine der vielen rechten Verzweiflungsbewegungen gelten von denen es in Deutschland einige gibt. Ob nun Schill-Partei, Freie Wähler, Bürger in Wut, Die Freiheit, Pro DM etc.

Das mediale Interesse für die x-te rechte Kleinpartei ist jedenfalls wie immer größer als ihre Bedeutung. Wie sehr sie sich tatsächlich etablieren wird können, ist schwierig zu sagen. Es hängt davon ab, ob sich vor allem reaktionäre Kleinbürger von CDU/CSU und FDP weg mobilisieren lassen.
Das Interessanteste an dem Phänomen des ständigen Aufkommens rechter „Alternativen“, „Bürgerbewegungen“ , „Demokratieinitiativen“ und vor allem Altherrenklubs ist, dass sie die Widersprüche innerhalb der Kapitalistenklasse verdeutlichen. Nun gibt es keinen Anlass Mitleid mit den „schaffenden“ Kapitalisten zu haben, die vom monopolistischen Finanzkapital klein gehalten werden. Ihr objektives Interesse liegt genauso in der Ausbeutung der Arbeiterklasse und der Werktätigen. Sie wird also kein Bündnispartner im Klassenkampf sein oder auch nur eine irgendwie fortschrittliche Rolle spielen. Vielmehr äußert sich ihr verzweifeltes Nach-Luft-Schnappen aufgrund des eigenen Untergangs in mehr oder weniger widerlichen reaktionären Ausfällen.
Die positive Erkenntnis ist aber; einerseits schwächen die Widersprüche im kapitalistischen Lager die Klasse als solche, was sie auf Dauer angreifbarer macht. Andererseits  ist das Verschwinden der nichtmonopolisierten Bourgeoisie Ausdruck einer zunehmenden Vergesellschaftung der Produktion, was objektiv ein Fortschritt zur Überwindung des Kapitalismus im Übergang zum Sozialismus. Im Endeffekt müssten die vereinheitlichten Produktionslagen nur durch das Proletariat in Verbindung mit den breiten Massen übernommen werden. Allerdings ist das wiederum: die Sache die so einfach, aber schwer zu machen ist. 

Montag, 8. April 2013

Margaret Thatcher - die abstoßende Lady


Ronald Reagan bezeichnete sie als Englands besten Mann und François Mitterand bewunderte ihren Mund, der ihr Ähnlichkeit mit Marilyn Monroe verschaffe. Wäre Margaret Thatcher eine linke, progressive Frau gewesen, dann hätte sie solche „Komplimente“ wohl öffentlich zurück gewiesen. Eine Frau vor allem für ihre körperlichen Merkmale zu loben oder aber geschätzte Fähigkeiten von ihr als männlich einzuordnen spiegeln ein Weltbild wider, das einer für diese beiden Herren wenig verwunderlichen zutiefst sexistischen Denkweise entspringt. Aber Margaret Thatcher hatte mit solchen Äußerungen keine Probleme. Vielmehr aber mit Gewerkschaften, sozialen Sicherungssystemen, demokratischen Rechten und Freiheiten oder kostenlosen öffentlichen Dienstleistungen. Nun ist sie im Alter von 87 Jahren gestorben.

Und prompt wenn ein(e) bürgerliche(r) Politiker(in) stirbt, werden in allen ebenso bürgerlichen Medien die Lobeshymnen herausposaunt. Spiegel-Online zum Beispiel sieht in ihr eine Nationalheldin.  Die Taz titelt zumindest wohlwollend: „Der Tod einer Lady“. Aber die einschlägigste Überschrift kommt von der „Welt“: „Antikommunistisch, unbritisch, fast teutonisch“. Wer so gelobt wird, braucht eigentlich nicht mehr kritisiert zu werden.
Jedoch bedeutet Kritik auch immer, dass man sich mit der oder dem Gegenüber sachlich auseinandersetzten will und auch ernsthaft daran glaubt, dass diese Auseinandersetzung zumindest auf offene Ohren stößt. Margaret Thatcher bewies nicht nur durch die angebliche von ihr getätigte Aussage, sie verschwende keine Zeit auf Argumente, dass sie ihren reaktionären Kurs rücksichtslos durchzusetzen bereit war. Deswegen ist Gegnerschaft wohl das bessere Wort, wenn es um die Einschätzung Margaret Thatchers geht.
Berüchtigt ist ihr rigoroses Vorgehen in den 80er Jahren, als sie britische Premierministerin war. Etliche Zechen in Großbritannien wurden gegen den erbitterten Widerstand der Kumpel geschlossen. In den bürgerlichen Medien hochgelobt als „Modernisierung“  der britischen Wirtschaft war dies ein Akt der massiven Kapitalvernichtung, um Überkapazitäten auf Kosten der Arbeiter und Arbeiterinnen abzubauen. Diese Kapitalvernichtung ist ein aus Sicht der Kapitalisten notwendiger Prozess, um die im Kapitalismus chronisch auftretenden Überproduktionskrisen zu überwinden.  Thatcher war nicht etwa eine besonders umsichtige Politikerin, die wusste wie’s halt gemacht wird, sondern eine, die bedingungslos die Interessen des Monopolkapitals vertrat und umsetzte. Ebenso tat sie dies unter anderem, indem  das Gesundheitssystem in Großbritannien größtenteils privatisiert wurde. Einerseits bedeutete dies neue Kapiatalanlagemöglichkeiten für das Finanzkapital, welches Profitquellen mit der Ware Gesundheitsversorgung ausschöpfen wollte. Andererseits wurde für die Masse der Bevölkerung eine umfassende Gesundheitsversorgung entweder zu einer starken finanziellen Mehrbelastung oder aber aufgrund zu geringen Einkommens gar nicht erst bezahlbar. Ebenso hatten die Privatisierung des Schienennetzes oder der kommunalen Wasserversorgung Preissteigerungen zur Folge, die noch mit schlechterem Service garniert wurden.
Einen wahrlichen Generalangriff auf die Massen startete die Thatchersche Politik im Jahre 1989. Die sogenannte Poll-Tax verlangte, dass jeder Haushalt unabhängig vom Einkommen den gleichen Betrag an Steuern pro Kopf zu entrichten habe. Dieses regressive Steuermodell führt letztendlich dazu, dass Großverdiener und Reiche prozentual so gut wie keine Steuern zahlten, während kleine Einkommen erheblich belastet waren.  
Im Jahre 1990 musste Thatcher schließlich zurücktreten. Oft wird angeführt, dass ihre stark ablehnende Haltung gegen eine weitere Vertiefung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (später EU) der Grund für den parteiinternen Putsch war. Allerdings wird auch die britische Kapitalistenklasse erkannt haben, dass Thatchers offen reaktionärer und massenfeindlicher Kurs auf Dauer bewirkt, dass sich die Massen besonders die Arbeiterklasse immer stärker vom Kapitalismus lösen.
Aber auch nach ihrer Amtszeit machte Thatcher aus ihrer reaktionären Haltung keinen Hehl. Als der faschistische Ex-Diktator Augusto Pinochet in London 1998 unter Hausarrest stand, besuchte sie ihn Thatcher kurzer Hand. Zwar äußerte sie 1993 in einem Spiegel-Interview, dass die Briten ein Volk der Freiheit und der Fairness seien, weswegen sie auch gegen den Kommunismus, gegen Sadam Hussein und gegen Argentinien gekämpft haben. Die Frage ist immer welche Freiheit sie meint für die auch ausgerechnet „die Briten“ gekämpft haben sollen. Die der Masse der Bevölkerung kann es jedenfalls nicht sein, wenn sie mit Pinochet freundschaftlichen Umgang pflegt. Im selben Interview antwortet sie übrigens auf die Frage, ob sie mit deutschen schon mal schlechte Erfahrungen gemacht habe damit, dass sie nur Personen kenne, die in führenden Positionen stünden und diese alle sehr verlässlich seien.

Margaret Thatcher war ein Paradebeispiel für eine Vertreterin der bürgerlichen Klasse. Massenfeindlich, rücksichtslos, zutiefst undemokratisch trotz aller gegenteiligen Beteuerungen, abgehoben, zynisch und arrogant. Ihr Leben und ihre Art stehen somit auch exemplarisch für das Wesen ihrer Klasse und die Austragung des Klassenkampfes. Eine Versöhnung der antagonistischen Interessen der Klassen ist nicht möglich, wobei das parasitäre und dekadente Dasein der Kapitalistenklasse die Unterdrückten, besonders die Arbeiterklasse, immer wieder herausfordert. Auch ohne Margaret Thatcher wären Kapitalismus und Bourgeoisie so gewesen wie sie waren und sind. Aber wenn eines Tages der Kapitalismus nicht mehr ist, wird auch niemand mehr so sein wie Margaret Thatcher es war.