Nicht erst seit Gründung dieser bürgerlich-rechten Partei
ist die Währung „Euro“, das EU-Krisenmanagement und der Trend zu supranationalen
Entscheidungsmechanismen im Lager bürgerlicher Parteien umstritten. Besonders
innerhalb der Regierungsparteien CDU/CSU und FDP gab und gibt es immer wieder
Stimmen, die den Kurs der Bundesregierung nicht vorbehaltlos unterstützen. Nun
hat sich die „AfD“ gegründet, die als Partei diesen und anderen Unzufriedenen
mit der deutschen EU-Politik eine politische Plattform geben möchte.
Kernforderung der Partei ist eine Auflösung der
Euro-Währungsunion und eine mögliche Rückkehr zur DM. Zudem will die Partei
Volksabstimmungen vor allem zu europapolitischen Fragen abhalten lassen und
gibt vor, „für demokratische Kontrolle, Transparenz und Bürgernähe“ zu sein. Was auf den ersten Blick demokratisch klingt,
stellt sich bei genauerem Hinsehen als bloße Interessenpolitik einer zunehmend
an Einfluss verlierenden Klasse heraus. Denn wie die eingeforderte
demokratische Kontrolle aussehen soll, wird nicht weiter erklärt. Vor allem
sollen Nebentätigkeiten von Abgeordneten verboten werden und
Entscheidungskompetenzen an nationale Parlamente zurück gegeben werden. Jedoch
waren auch lange bevor die „Europäische Integration“ in Gang gesetzt wurde
bürgerliche Parlamente alles andere als repräsentativ für den Willen der
Bevölkerung. So wurden und werden Gesetzesvorlagen in nicht-öffentlich tagenden
Ausschüssen erarbeitet, in denen ganz demokratisch nicht gewählte Vertreter der
Bourgeoisie mitarbeiten. Die eigentlichen Parlamentssitzungen dienen dann nur
noch zur scheindemokratischen Absegnung längst getroffener Entscheidungen. Nur
weil nach Vorstellung der „AfD“ Abgeordnete keinen „Nebentätigkeiten“ mehr
nachgehen dürfen, heißt auch das nicht, dass diese dann im Sinne der Massen
entscheiden würden oder gar könnten. Die meisten Bundestagabgeordneten stehen
wohl nicht auf jedweder Gehaltsliste aller großen deutschen Konzerne und
entscheiden trotzdem ständig zu deren Gunsten. Überhaupt gewählt werden zu
können, setzt meistens schon die Gunst der herrschenden Kapitalistenklasse
voraus. Und wenn dann ein „Volksvertreter“ doch mal nicht spurt, lassen sich
auch andere Druckmaßnahmen finden, als die derzeit gängige Praxis offen zu
korrumpieren.
Was die bürgerlichen - vor allem Herren der - „AfD“ wirklich
stört, ist das ihre eigene Klasse, die der nicht zum Monopolkapital gehörenden
Bourgeoisie, immer weniger Einfluss hat und die Politik sich immer mehr gegen
deren Interessen wendet. Zum Beispiel wird scheinbar antikapitalistisch
gefordert, dass Banken, Hedgefonds und private Großanlegen die Kosten für die
Krisenprogramme wie den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) tragen
sollen, anstatt diese durch Steuereinnahmen zu finanzieren. In der Tat geht die
Finanzpolitik in der BRD auch immer mehr zu Lasten der nichtmonopolisierten
Bourgeoisie. So werden diese steuerlich höher belastet als das Monopolkapital,
erhalten aber viel weniger Subventionen vom Staat als dieses. Ebenso verfügt
die nichtmonopolisierte Bourgeoise – medial auch oft als Mittelstand bezeichnet
- meist gar nicht über das Kapital, um
an der internationalen Spekulation teilzunehmen, die ja die noch anhaltende
Wirtschafts- und Finanzkrise zum Ausbruch brachte. Insofern ist dieser Teil der
Kapitalistenklasse natürlich auch daran interessiert, nicht in die Haftung mit
einbezogen zu werden. Vielmehr hatte die Wirtschafts- und Finanzkrise
existenzbedrohende Auswirkungen für die nicht-monopolisierte Bourgeoisie. Notwendige Kredite zur Reproduktion der
eigenen Kapitalbasis wurden von den Monopolbanken wenn überhaupt nur zu äußerst
ungünstigen Konditionen gewährt, sodass viele Unternehmen Gefahr liefen,
insolvent zu gehen. Außerdem brachte die
Überproduktionskrise fast alle Kapitalisten in Absatzschwierigkeiten, da zu
viele Produktionskapazitäten vorhanden waren für den eingeengten Markt. Die
dann notwendige Kapitalvernichtung geschieht somit auch auf dem Rücken der
nichtmonopolisierten Bourgeoisie, die dann bewusst vom Monopolkapital in die
Insolvenz getrieben wird. Zudem waren staatliche Konjunkturprogramme in erster
Linie an die monopolisierte Bourgeoisie gerichtet und kamen der nichtmonopolisierten
nur zweitrangig zu gute.
Auch die Abschaffung des Euro steht nicht im Widerspruch zum
Klasseninteresse der nichtmonopolisierten Bourgeoisie. Da sie ihre Produktion
größtenteils national ausrichtet und keinen oder kaum Kapitalexport in Form von
internationalen Investitionen betreibt, ergeben sich wenig Vorteile durch eine
Gemeinschaftswährung. Zudem wird Großteils auch nur für den nationalen Markt
produziert oder man ist als Zulieferer der ansässigen Monopole tätig.
Die Gesamtheit des recht überschaubaren Programmkatalogs der
„AfD“ unterstreicht weiterhin deren Lobbyismus für die „kleinen“ Kapitalisten.
So wird der „Schutz für die Familie als Keimzelle der Gesellschaft“ gefordert
und eine „Kinder-und familienfreundliche“(re) Politik. Letztendlich sieht sich
auch die „AfD“ mit dem Dilemma konfrontiert, dass die für den kapitalistischen
Produktions- und Reproduktionsprozess
essentielle Familie gerade durch den ausbeuterischen Charakter des
Kapitalismus unterminiert wird. Die Krise der bürgerlichen Familienordnung
trifft vor allem die nichtmonopolisierte Bourgeoisie, da diese noch mehr als das
Monopolkapital auf eine langjährige Stammbelegschaft angewiesen ist. Die zunehmende Zerrüttung der
Familienverhältnisse und die Überlastung der Familie als Solidargemeinschaft
mindert somit auch die ausbeutbare Arbeitskraft der Angestellten. Gerade
kleinere Betriebe sind viel weniger in der Lage, die resultierenden
Arbeitsausfälle zeitnah zu kompensieren. Die Antwort der „AfD“ liegt allerdings im
Naturell ihrer Klasse. Diese überkommene Familienordnung mit allerlei
staatlicher Förderung aufrecht zu erhalten.
Was die Einwanderungspolitik angeht, will man einerseits „eine
ungeordnete Zuwanderung in unsere Sozialsysteme“ verhindern, andererseits aber „qualifizierte“
Zuwanderung fördern. Abgesehen von der latenten Menschenverachtung, die
Migranten in verwertbar und nichtverwertbar unterteilt, sollte sich gefragt
werden, welche Sozialsysteme gemeint sind, in die überhaupt zugewandert werden
kann. Die chronische medizinische Unterversorgung, die Minimierung der
Rentensysteme oder das entwürdigende Hartz-IV System können mit der Bezeichnung
„Sozial“ ja nicht gemeint sein. Ganz ihrer Interessenlage folgend fordert die „AfD“
allerdings auch nur beim Rentensystem eine Verbesserung der Sozialleistungen
und schert sich ansonsten nicht um das Schicksal der zunehmend verarmenden
Bevölkerung.
Auch wenn der sozialchauvinistische Charakter dieser Partei
im Forderungspapier nur bedingt zum Ausdruck kommt, ist er doch wesentlicher
Bestandteil in deren Partei-sowie Klasseninteresse. Angedeutet wird er mit der dubiosen Aussage: „Wir setzen uns dafür ein, dass auch
unkonventionelle Meinungen im öffentlichen Diskurs ergebnisoffen diskutiert
werden, solange die Meinungen nicht gegen die Werte des Grundgesetzes verstoßen.“, will man
wohl schon mal das für weitere rassistische Ausfälle und Angriffe auf die
Lebensverhältnisse der Werktätigen vorbereiten. Denn die Anhängerschaft dieser
Gruppierung besteht vor allem aus Leuten, die keine Berührungsängste mit
ultrareaktionären politischen Gruppen haben. Ob manche nun für die faschistoide
„Junge Freiheit“ schreiben, mal bei Pro NRW waren, die „Republikaner“ mal ganz
gut fanden für viele ist Platz bei „AfD“. Sicherlich wäre es übertrieben die
Partei als faschistisch oder faschistoid zu bezeichnen. Sie kann eher als eine
der vielen rechten Verzweiflungsbewegungen gelten von denen es in Deutschland einige
gibt. Ob nun Schill-Partei, Freie Wähler, Bürger in Wut, Die Freiheit, Pro DM
etc.
Das mediale Interesse für die x-te rechte Kleinpartei ist
jedenfalls wie immer größer als ihre Bedeutung. Wie sehr sie sich tatsächlich
etablieren wird können, ist schwierig zu sagen. Es hängt davon ab, ob sich vor
allem reaktionäre Kleinbürger von CDU/CSU und FDP weg mobilisieren lassen.
Das Interessanteste an dem Phänomen des ständigen Aufkommens
rechter „Alternativen“, „Bürgerbewegungen“ , „Demokratieinitiativen“ und vor
allem Altherrenklubs ist, dass sie die Widersprüche innerhalb der
Kapitalistenklasse verdeutlichen. Nun gibt es keinen Anlass Mitleid mit den „schaffenden“
Kapitalisten zu haben, die vom monopolistischen Finanzkapital klein gehalten
werden. Ihr objektives Interesse liegt genauso in der Ausbeutung der Arbeiterklasse
und der Werktätigen. Sie wird also kein Bündnispartner im Klassenkampf sein
oder auch nur eine irgendwie fortschrittliche Rolle spielen. Vielmehr äußert
sich ihr verzweifeltes Nach-Luft-Schnappen aufgrund des eigenen Untergangs in
mehr oder weniger widerlichen reaktionären Ausfällen.
Die positive Erkenntnis ist aber; einerseits schwächen die
Widersprüche im kapitalistischen Lager die Klasse als solche, was sie auf Dauer
angreifbarer macht. Andererseits ist das
Verschwinden der nichtmonopolisierten Bourgeoisie Ausdruck einer zunehmenden
Vergesellschaftung der Produktion, was objektiv ein Fortschritt zur Überwindung
des Kapitalismus im Übergang zum Sozialismus. Im Endeffekt müssten die
vereinheitlichten Produktionslagen nur durch das Proletariat in Verbindung mit
den breiten Massen übernommen werden. Allerdings ist das wiederum: die Sache die so einfach, aber schwer zu
machen ist.