Ronald Reagan bezeichnete sie als Englands besten Mann und François Mitterand bewunderte ihren Mund, der ihr Ähnlichkeit mit Marilyn
Monroe verschaffe. Wäre Margaret Thatcher eine linke, progressive Frau gewesen,
dann hätte sie solche „Komplimente“ wohl öffentlich zurück gewiesen. Eine Frau
vor allem für ihre körperlichen Merkmale zu loben oder aber geschätzte
Fähigkeiten von ihr als männlich einzuordnen spiegeln ein Weltbild wider, das
einer für diese beiden Herren wenig verwunderlichen zutiefst sexistischen
Denkweise entspringt. Aber Margaret Thatcher hatte mit solchen Äußerungen keine
Probleme. Vielmehr aber mit Gewerkschaften, sozialen Sicherungssystemen,
demokratischen Rechten und Freiheiten oder kostenlosen öffentlichen
Dienstleistungen. Nun ist sie im Alter von 87 Jahren gestorben.
Und prompt wenn ein(e) bürgerliche(r) Politiker(in) stirbt,
werden in allen ebenso bürgerlichen Medien die Lobeshymnen herausposaunt.
Spiegel-Online zum Beispiel sieht in ihr eine Nationalheldin. Die Taz titelt zumindest wohlwollend: „Der
Tod einer Lady“. Aber die einschlägigste Überschrift kommt von der „Welt“: „Antikommunistisch,
unbritisch, fast teutonisch“. Wer so gelobt wird, braucht eigentlich nicht mehr
kritisiert zu werden.
Jedoch bedeutet Kritik auch immer, dass man sich mit der
oder dem Gegenüber sachlich auseinandersetzten will und auch ernsthaft daran
glaubt, dass diese Auseinandersetzung zumindest auf offene Ohren stößt.
Margaret Thatcher bewies nicht nur durch die angebliche von ihr getätigte
Aussage, sie verschwende keine Zeit auf Argumente, dass sie ihren reaktionären
Kurs rücksichtslos durchzusetzen bereit war. Deswegen ist Gegnerschaft wohl das
bessere Wort, wenn es um die Einschätzung Margaret Thatchers geht.
Berüchtigt ist ihr rigoroses Vorgehen in den 80er Jahren,
als sie britische Premierministerin war. Etliche Zechen in Großbritannien
wurden gegen den erbitterten Widerstand der Kumpel geschlossen. In den
bürgerlichen Medien hochgelobt als „Modernisierung“ der britischen Wirtschaft war dies ein Akt
der massiven Kapitalvernichtung, um Überkapazitäten auf Kosten der Arbeiter und
Arbeiterinnen abzubauen. Diese Kapitalvernichtung ist ein aus Sicht der
Kapitalisten notwendiger Prozess, um die im Kapitalismus chronisch auftretenden
Überproduktionskrisen zu überwinden. Thatcher war nicht etwa eine besonders
umsichtige Politikerin, die wusste wie’s halt gemacht wird, sondern eine, die
bedingungslos die Interessen des Monopolkapitals vertrat und umsetzte. Ebenso
tat sie dies unter anderem, indem das Gesundheitssystem
in Großbritannien größtenteils privatisiert wurde. Einerseits bedeutete dies
neue Kapiatalanlagemöglichkeiten für das Finanzkapital, welches Profitquellen mit
der Ware Gesundheitsversorgung ausschöpfen wollte. Andererseits wurde für die
Masse der Bevölkerung eine umfassende Gesundheitsversorgung entweder zu einer
starken finanziellen Mehrbelastung oder aber aufgrund zu geringen Einkommens
gar nicht erst bezahlbar. Ebenso hatten die Privatisierung des Schienennetzes
oder der kommunalen Wasserversorgung Preissteigerungen zur Folge, die noch mit
schlechterem Service garniert wurden.
Einen wahrlichen Generalangriff auf die Massen startete die
Thatchersche Politik im Jahre 1989. Die sogenannte Poll-Tax verlangte, dass
jeder Haushalt unabhängig vom Einkommen den gleichen Betrag an Steuern pro Kopf
zu entrichten habe. Dieses regressive Steuermodell führt letztendlich dazu,
dass Großverdiener und Reiche prozentual so gut wie keine Steuern zahlten, während
kleine Einkommen erheblich belastet waren.
Im Jahre 1990 musste Thatcher schließlich zurücktreten. Oft
wird angeführt, dass ihre stark ablehnende Haltung gegen eine weitere
Vertiefung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (später EU) der Grund für
den parteiinternen Putsch war. Allerdings wird auch die britische
Kapitalistenklasse erkannt haben, dass Thatchers offen reaktionärer und
massenfeindlicher Kurs auf Dauer bewirkt, dass sich die Massen besonders die
Arbeiterklasse immer stärker vom Kapitalismus lösen.
Aber auch nach ihrer Amtszeit machte Thatcher aus ihrer
reaktionären Haltung keinen Hehl. Als der faschistische Ex-Diktator Augusto
Pinochet in London 1998 unter Hausarrest stand, besuchte sie ihn Thatcher
kurzer Hand. Zwar äußerte sie 1993 in einem Spiegel-Interview, dass die Briten
ein Volk der Freiheit und der Fairness seien, weswegen sie auch gegen den
Kommunismus, gegen Sadam Hussein und gegen Argentinien gekämpft haben. Die
Frage ist immer welche Freiheit sie meint für die auch ausgerechnet „die Briten“
gekämpft haben sollen. Die der Masse der Bevölkerung kann es jedenfalls nicht
sein, wenn sie mit Pinochet freundschaftlichen Umgang pflegt. Im selben
Interview antwortet sie übrigens auf die Frage, ob sie mit deutschen schon mal
schlechte Erfahrungen gemacht habe damit, dass sie nur Personen kenne, die in
führenden Positionen stünden und diese alle sehr verlässlich seien.
Margaret Thatcher war ein Paradebeispiel für eine
Vertreterin der bürgerlichen Klasse. Massenfeindlich, rücksichtslos, zutiefst undemokratisch
trotz aller gegenteiligen Beteuerungen, abgehoben, zynisch und arrogant. Ihr Leben
und ihre Art stehen somit auch exemplarisch für das Wesen ihrer Klasse und die
Austragung des Klassenkampfes. Eine Versöhnung der antagonistischen Interessen
der Klassen ist nicht möglich, wobei das parasitäre und dekadente Dasein der
Kapitalistenklasse die Unterdrückten, besonders die Arbeiterklasse, immer
wieder herausfordert. Auch ohne Margaret Thatcher wären Kapitalismus und Bourgeoisie
so gewesen wie sie waren und sind. Aber wenn eines Tages der Kapitalismus nicht
mehr ist, wird auch niemand mehr so sein wie Margaret Thatcher es war.
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