Dienstag, 17. April 2012

Breivik's Propaganda

Seit gestern läuft in Oslo der Prozess gegen den faschistischen Terroristen Anders Behring Breivik. Dieser hatte am 22. Juli 2011 bei einem Bombenanschlag, sowie mit Schusswaffen auf einem Zeltlager der norgwegischen „Arbeiterpartei“ 77 Menschen getötet und mehre schwer verletzt. Eigentlich ist die Tatsache, dass Breivik diese Taten unbehelligt begehen konnte, schon skandalös genug. Doch die Verfahrensweise mit ihm, die von norwegischer staatlicher Seite an den Tag gelegt wird, setzt dem hochgelobten RECHTS-Staat die Krone auf.
Die Verhandlung gegen Breivik ist öffentlich, was auch zu begrüßen ist, da so eine kritische Begleitung des Prozesses durch die Allgemeinheit besser gewährleistet wird. Jedoch ist in diesem Zusammenhang nicht zu verstehen, wie das Gericht es zulassen kann, dass Breivik mit geballter Faust, vor den Augen Angehörigen, provaktiv herumgestikuliert. Heute nun durfte sich Breivik erklären, was einem Angeklagten auch zustehen muss, egal welche Verbrechen ihm vorgeworfen werden. Jedoch wurde Breiviks „Erklärung“ nichts weiter als eine zynische Verhöhnung der Opfer und eine Verbreitung seiner reaktionären Ideologie. Es ist ein Unding, wie so eine faschistische Propaganda auch noch staatlich gefördert, über Medienberichte um die Welt gehen kann. Ursprünglich waren für Breiviks Statement dreißig Minuten angedacht gewesen. Großzügig ließ ihn das Gericht aber seinen „Vortrag“ auf 75 Minuten ausdehnen. Dass er diesen hauptsächlich mit Aussagen wie der folgenden füllte: "Wenn wir die Einwanderungspolitik der Arbeiterpartei stoppen können, wenn wir 77 Menschen exekutieren, dann wird das zu einer besseren Gesellschaft führen und Bürgerkrieg in Norwegen verhindern.", ist im demokratischen Norwegen kein Grund, ihm das Wort zu entziehen.
Die Begründung für Breiviks lange Agitationszeit lieferte Staatsanwalt Holden dann auch gleich mit. Er glaube laut Spiegel-Online, dass Breivik sich durch seine Aussagen selbst disqualifiziere. Daraufhin stellt sich natürlich die Frage, ob er das durch seine Taten nicht ohnehin schon getan hat.
Allerdings ist es die Strategie der Staatsanwaltschaft, Breivik eine psychische Störung nachzuweisen; mit der Begründung dass dieser dann den Rest seines Lebens in einer psychatrischen Anstalt verbringen müsste. Auch wenn es absolut zu begrüßen ist, wenn jemand wie Breivik nie wieder auf die Menschheit losgelassen wird, scheint der Kurs der Staatsanwaltschaft auf eine Relativierung der Straftaten angelegt zu sein. Ein zweites psychatrisches Gutachten vom 10. April 2012 bescheinigte Breivik nämlich volle Zurechnungsfähigkeit, nachdem das erste, welches ihn als geistesgestört darstellte, auf große Empörung in der Öffentlichkeit stieß. Breivik einfach als Geistesgestörten abzutun, würde in keinster Weise der politischen Bedeutung seiner Morde gerecht werden. Hierbei waren nämlich rassitische, sowie faschistische Beweggründe ausschlaggebend. Und diese müssen auch als solche benannt werden, um die reale Gefahr von  reaktionären politischen Bewegungen zu verdeutlichen. Die Euphemisierungsstrategie, die die Staatsanwaltschaft hingegen fährt, wird an einem weiteren Beispielen deutlich. Breivik behauptet konsequent, Mitglied einer Gruppierung zu sein, die sich „Tempelritter“ nennt. Die Staatsanwaltschaft hingegen will davon nichts wissen und beharrt stoisch auf der Einzeltätertheorie. Bezeichnenderweise würde eine Mitgliedschaft Breiviks in einer terroristischen Gruppe erstens den Verdacht auf weitere Personen lenken und zweitens unterstreichen, dass faschistische Gruppierungen deutlich bekämpft und verfolgt werden müssen.
Die Tatsache, dass Breivik extem viele Morde verübt hat und Ansichten vertritt, die den meisten Menschen zuwider sind, macht ihn längst nicht zum psychisch Kranken. Etliche Hitler-Faschisten hätten sich dann ebenfalls mit angeblicher Geisteskrankeit ihrer Verantwortung entziehen können. Vielmehr ist von einer vollen Schuldfähigkeit Breiviks auszugehen, wenn man bedenkt, welche anspruchsvolle Planung, die von ihm begangenen Attentate erforderten. Jedoch sollte gerade die Kompliziertheit der Anschläge die staatlichen Ermittler veranlassen, nach weiteren Mittätern zu fahnden und auch die eigene Schuld am Nichtverhindern der Attentate zu untersuchen. Jedenfalls schien von offizieller Seite keine Verwunderung darüber zu bestehen, dass Breivik erst seine Taten in aller Ruhe begehen konnte, nach deren Beendigung aber schnell gefasst wurde und dann sofort als Einzeltäter feststand.

Ob Breivik nun ein Einzeltäter war oder nicht und wieviel die norwegischen Geheimdienste von seinen Plänen wussten, ist als Außenstehender nicht mit Sicherheit zu sagen. Erstaunlicherweise aber weist Breiviks Prozess interessante Parallelen zu dem eines seiner Gesinnungsfreunde auf. 1924 fand in München auch in einem „demokratischen Staat“ der Prozess gegen einen reaktionären Putschisten statt, dessen damalige Aktion den Tot mehrerer unschuldiger Menschen forderte. Der Angeklagte durfte trotzdem das Gericht in eine politische Bühne für seine Propaganda verwandeln und bekam letztendlich eine milde Strafe, da das Gericht in ihm keine besondere Bedrohung erkennen konnte.

Alte Suppe in neuen Dosen - Die Piraten

Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht in den Onlineportalen der deutschen „Leitmedien“ mindestens ein neuer Artikel über sie veröffentlicht wird. Die Piraten gelten als die neuen Durchstarter im bundesrepublikanischen Politikbetrieb.
Und ihre Anziehungskraft kommt nicht von ungefähr. Die zunehmende staatliche Überwachung stößt insbesondere jungen Menschen übel auf. Die Piraten haben in dieser Hinsicht klar Stellung bezogen und lehnen Vorratsdatenspeicherung, Videoüberwachung öffentlicher Plätze, Onlinedurchsungen privater PCs und Einschränkungen von Versammlungsfreiheit ab. Zudem setzen sich die Piraten für freieren Zugang zu geistigen Waren wie wissenschaftlichen Arbeiten, Musikdateien und Softwareprogrammen ein. In den Mainstreammedien werden diese Forderungen allerdings kaum erwähnt. Hingegen versucht man die Zustimmung zu den Piraten auf ein neues „Netzgefühl“ zu reduzieren, was die „Generation Internet“ von den etablierten Parteien entfremdet hätte. Fakt ist jedoch, dass es weniger um Lifestylediskrepanzen geht, als um eine zunehmende Kritik der Massen an Bespitzelung, Repression und Kommodifizierung des öffentlichen Raums. Außerdem hat sich die Piratenpartei Transparenz groß auf die Fahnen geschrieben, was ebenfalls auf viele Menschen mit demokratischem Bewusstsein attraktiv wirken dürfte. Schließlich gerät das scheindemoratische Täuschungssystem der BRD immer mehr in die Krise, da es immer offensichtlicher wird, dass die Bevölkerung in entscheidenden Fragen nichts zu sagen hat. Sei es nun die überwältigende Ablehnung des Afghanistankrieges, die Forderung nach einem Verbot der faschistischen NPD oder der Massenwiderstand gegen die Atomenergie; der Mehrheitswille wird konsequent ignoriert und sogar offen bekämpft. Von dieser Situation können die Piraten profitieren, indem sie die „verkrusteten“ Strukturen der etablierten Parteien kritisieren und für mehr demokratische Mitbestimmung werben.
Allerdings sind die scheinbare Unangepasstheit der Piraten, wie auch ihre radikal verändernd wirkenden Forderungen nicht so abseits des Mainstream, wie gerne vermittelt wird. Nicht umsonst ist die Berichterstattung über die selbst ernannten Freibeuter größtenteils positiv, obwohl sie eigentlich durch ihre bloße Existenz das parlamentarische System eher destabilisieren. Denn wenn angenommen wird, dass die Piraten künftig in allen Parlamenten mit ca. 10% der Stimmen vertreten sein werden, dann wird die Regierungsbildung im allgemeinen schwieriger. Gerade in einer sich neu abzeichnenden Wirtschaftskrise sind knappe Parlamentsmehrheiten wie z.B. die der Kraft/Löhrmann Regierung in NRW ungünstig, um Krisenlasten auf die Bevölkerung abzuwälzen. Da stören zu viele Kleinparteien eigentlich eher.

Jedoch hat der zunehmende Masseneinfluss der Piraten auch einen entscheidenden Vorteil; er lenkt den Protest gegen Missstände in geordnete Bahnen. Wer sich auf Parlamentswahlen und Debatten im Plenarsaal konzentriert, hat kein wirksames Mittel, um den Interessen der Monopolkapitalisten ernsthaft etwas entgegen zu setzen. Ein Beispiel dafür ist, dass eine Rot-Grüne Bundesregierung trotz aller Beteuerungen nicht in der Lage war, ein einziges Atomkraftwerk abzuschalten. Hingegen haben massenhafte Blockaden und Demonstrationen mittlerweile dazu geführt haben, dass acht Atomkraftwerke außer Betrieb genommen werden mussten. Genausowenig wie man auf ein Ende der Atomenergie durch grüne Regierungsbeteiligung hoffen konnte, werden die Piraten in der Lage sein, über parlamentarische Wege den Abbau demokratischer Rechte zu verhindern oder die staatliche Bespitzelung rückgängig zu machen.
Das Emporkommen der Piratenpartei steht vor allem für die Illusion, dass innerhalb des bestehenden System etwas grundlegend geändert werden könne. Die Piraten sind also objektiv gesehen systemerhaltend, denn ihr Anspruch zur Veränderung bleibt auf Reformismus beschränkt. Das geben sie letztendlich auch offen zu. Bei der Befragung zum Wahlomaten für die Bundestagswahl 2009 war das offizielle Statement zur Frage, ob die Demokratie wie sie in der BRD existiere, die beste Staatsordnung sei: „Wir bekennen uns uneingeschränkt zur freiheitlich demokratischen Grundordnung.“ Dass in Wirklichkeit die bestehende Ordnung weder etwas mit Demokratie noch mit Freiheit für die Masse der Menschen zu tun hat, das prangern die Piraten nicht an. Sie entblöden sich sogar, die immer wieder wiederholten Lebenslügen von Freiheit und Demokratie im Kapitalismus zu verbreiten.

Die Verbundenheit der Piraten mit dem Kapitalismus zeigt sich auch an ihrer Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen. Was auf den ersten Blick als fortschrittlicher und im Interesse der Werktätigen sinnvoller Standpunkt daher kommt, ist in Wirklichkeit ein Täuschungsmanöver zur Versöhnung der Massen mit dem Kapitalismus. Beim anfänglichen Betrachten scheint ein bedingungsloses Grundeinkommen, einen von der Not zu befreien, Jobs zu schlechten Arbeitsbedingungen oder Niedriglöhnen annehmen zu müssen. Schließlich könnte man ja jederzeit von seinem Grundeinkommen leben, sodass die Kapitalisten Arbeitsplätze attraktiv gestalten müssten, damit überhaupt noch jemand eine Arbeitstelle annimmt. Im Falle einer Einführung würde ein bedingungsloses Grundeinkommen den Kapitalisten jedoch keinesfalls ein Dorn im Auge sein. Im Gegenteil, viele könnten sich damit wohl sehr gut anfreunden. Denn zum einen müssen die Mittel für dieses Grundeinkommen aus Steuergeldern finanziert werden, welche wiederum Abzüge vom Lohn der Werktätigen sind. Die Kapitalisten würden also keinen einzigen Cent zu diesem Grundeinkommen beisteuern. Es ist allerdings nicht einzusehen, warum die ArbeiterInnen und Angestellten mit ihren Beiträgen und Abgaben eine Armut abwenden müssen, die durch die Niedriglohn- und Rationalisierungspolitik der Kapitalisten hervorgerufen wird. Um Armut im Kapitalismus zu bekämpfen, sind höhere Löhne, niedrigere Wochenarbeitsstunden und verbesserter Kündigungsschutz bessere Maßnahmen. Denn sie fallen den Profiten der Bourgeoisie zur Last und verbessern die Situation der Ausgebeuteten.
Letztendlich ist ein bedingungsloses Grundeinkommen nur ein Modell, dass es in abgewandelter Form schon lange gibt. Derzeit wird es als „Kombilohn“ bezeichntet und kommt zur Anwendung wenn voll berufstätige Menschen von ihrem Lohn nicht leben können und somit mit Hartz IV „aufstocken“ müssen, um über dem Existenzminimum zu sein. Die Kapitalisten könnten sich also durch die Existenz eines Grundeinkommens einen Teil der Lohnkosten sparen.
Es bleibt außerdem fragwürding ob ein bedingungsloses Grundeinkommen überhaupt zum Leben reichen würde. Neben der Gefahr, dass die reale Kaufkraft des Einkommens durch Inflation eklatant gesenkt werden könnte, gibt es eine Reihe indirekter Maßnahmen, die ein Überleben mit Grundeinkommen schwierig gestalten können. Sei es nun eine Erhöhung der Mehrwertsteuer, die Kürzung von Zuschüssen für Sozialleistungen oder die Erhöhung von Beiträgen und Abgaben jeglicher Art; das Grundeinkommen könnte schnell eine Kostenumverteilung anstatt  einer Existenzsicherung werden.

Auch wenn den Piraten von der Konkurrenz der anderen bürgerlichen Parteinen oft vorgeworfen wird, eine „Ein-Thema-Partei“ zu sein oder zu entscheidenden Fragen wie dem „Eurorettungsschirm“ oder dem Afghanistankrieg kein Konzept zu haben, so haben sie mit ihren bisherigen Programmpunkten eindeutig bewiesen, dass sie sich nahtlos in die gleichgeschaltete parlamentarische Parteienlandschaft der BRD einfügen werden. Ob die Mitglieder und Anhänger der Piraten nun aus Naivität oder (Selbst-) Täuschung einen Systemwandel innerhalb des System anstreben, ist schwer zu sagen. In jedem Fall ist der Aufschwung der Piraten mehr der Ausdruck einer zunehmenden Unzufriedenheit mit den herrschenden Verhältnissen als das Aufkommen einer neuen politschen Kraft mit Veränderungspotenzial. 

Sonntag, 8. April 2012

Koljah Kolerika: der Vorkämpfer gegen Antisemitismus

„Sorry, aber nichts ist blöder als politischer Rap und seine Hörer“ lautet eine Zeile in Koljah Kolerikas Track „Politischer Rap“ von seinem Album „Publikumsbeschimpfung“. Den Grund warum politischer Rap denn so blöd sei, liefert Koljah auch gleich mit, indem er rapt: „Wen ein deutscher Rapper sagt, sein Rap sei politisch, heißt das ungefähr so viel wie NPD-kompatibel“.
In zweierlei Hinsicht ist Koljahs Aussage absurd. Zum einen ist es ja selbst eine politische Aussage, jedem „politischen Rap“ eine Nähe zur Ideologie der faschistischen NPD zu unterstellen. In der Konsequenz könnte Koljah sich dann selbst beim nächsten NPD Aufmarsch einreihen, denn sein Track bietet weitere Aussagen, die durchaus als politisch einzustufen sind. „Ey jo die meisten Judenhasser sind Islamversteher und bald fusioniert die Linkspartei mit Al-Qaida“. Auch andere Stücke von Koljah weisen eine ganze Reihe politscher Aussagen auf. „Du hörst viel lieber Max Herre und willst ‚ne Deutschquote, weil die deutsche Kultur durch dieses Zeug bedroht ist.“ („Du bist dagegen“ Rapfolk feat. Koljah) oder „In deinen Videos sehe ich nur verdammte Machos. Du hast bestimmt einen Antikriegstrack. Bestimmt heißt der FUCK BUSH“ („Danke Nein“ Koljah und Thai Phun). Jedenfalls dürfte Koljah, der als einziger Rapper laut Selbstaussage den Konjunktiv beherrscht, zuzutrauen sein, diese Unsinnigkeit in seiner Aussage zu erkennen. Vielmehr darf vermutet werden, dass mit „politischem“ Rap eher Rapper gemeint sind, die sich als links verstehen. Damit wird auch klar, worin die zweite und auch essentiellere Absurdität in der anfangs zitierten Zeile liegt. Dass sich linke Rappper oder linker Rap letztendlich einreihten in ein reaktionäres, faschistisches Weltbild. Dass dieses Statement nicht einfach nur ein Ausrutscher ist, bewies Koljah in einem Interview vom 16.01.2011 mit dem Rapportal „allesreal.de“. Er sagt darin: „ Außerdem ist die Welt falsch eingerichtet, aber fast alle, die meinen, da was gegen zu haben, liegen noch viel falscher.“ Auf die Frage, wer denn diejenigen seien die etwas dagegen hätten, antwortet Koljah: „Linke, Nazis, Islamisten“.
Die Methode links und rechts gleichzusetzen, ist dabei keine unbekannte in der BRD. Die Extremismustheorie lässt sofort grüßen. Dass damit nichts als reaktionäre Diffamierung fortschrittlicher Kräfte betrieben wird und gleichzeitig Faschisten verharmlost werden, ist das letztendliche Ziel dieser Propaganda. Jedoch kann man Koljah bezogen auf die Begründung für seine Rechts-gleich-Links These nicht direkt in die offizielle Staatspropaganda der Extremismustheoretiker einreihen. Diese gehen vor allem von einer Demokratiefeindlichkeit aus, die allen Extremisten gemein sei. Koljah schwingt hingegen die Antisemitismuskeule, die von staatlicher Seite und in bürgerlichen Massenmedien nicht primär benutzt wird. Der Kabarettist Hagen Rether, der Israel als Apartheidsstaat bezeichnet und den man politisch eher links einordnen kann, wird zum Beispiel von Koljah dem ‚benutzen eines urdeutschen Antisemitismus‘  (Interview allesreal.de) bezichtigt. Allerdings ist es ein Fakt, dass in Israel Palästinenser Bürger zweiter Klasse sind und insofern ein solcher Vergleich durchaus angebracht ist. Wie sich in dieser Aussage eine Judenfeindlichkeit äußert, zeigt Koljah allerdings nicht. Es ist aber der alte wie reaktionäre Versuch Linke, die aufgrund ihrer antiimperialistischen Positionen ein von Natur aus  kritisches Verhältnis zu allen imperialistischen Staaten, wie eben auch Israel , haben, in eine rückschrittliche Ecke zu stellen und damit mundtot zu machen.  Den Beweis dafür, dass Kritik am Staat Israel nicht mit Antisemitismus gleichzusetzen ist, liefert Koljah indirekt selbst, indem er durchaus angebracht die Verwendung des Wortes „Islamophobie“ kritisiert:  „Der Begriff Islamophobie ist ein Kampfbegriff und verwischt die Grenzen zwischen einerseits Kritik am Islam und andererseits Rassismus gegenüber Moslems. Religionskritik wird so unmöglich; jedes kritische Wort gegen den Islam kann so in die Nähe von Ausländerfeindlichkeit oder Rassismus gerückt werden“ (Interview allesreal.de).
Der von Koljah wie von vielen anderen „Antideutschen“ auch inflationär gebrauchte Antisemitismusbegriff, trägt im Endeffekt sogar zur Verharmlosung von wirklichem Antisemitismus bei, wenn schließlich schon jede Kritik an Israel als solcher gewertet wird.
Der angebliche Antisemitismus ist trotzdem nicht das einzige, was Koljah an politischem, also linkem Rap stört. „Wozu höre ich politischen Rap. Ich les‘ ein Buch, wenn ich was wissen will“, so eine Zeile aus dem schon zitierten Track „Politscher Rap“. Natürlich ist klar, dass es beispielsweise schwierig ist „komplexe politische Themen… „ wie Marx‘ Theorie von Ausbeutung und Erschaffung des Mehrwert „...  irgendwie auf drei mal 16 Zeilen runterzubrechen“ (Interview allesreal.de).
Jedoch ist das auch nicht der Sinn von politischer Musik. Der Zweck ist doch vielmehr auch damit eine Art Propaganda zu machen, die über Klänge und Rhythmen versucht, Menschen für bestimmte Inhalte und Aussagen zu begeistern. Politische Musik ist letztendlich eine Methode, die über Eingängigkeit auf die Gefühlsebene wirkt und somit Leute dazu bringt, sich mit einer Sache zu identifizieren. Das kann man natürlich nun leicht als hinterlistige Menschenkescherei abtun. Jedoch ist das Ansprechen von Gefühlen einerseits mitentscheidend, um Menschen zu mobilisieren und andererseits wird von der mainstreamisierten Musikindustrie genau die gleiche Methode, bloß  gefüllt mit anderen Inhalten, genutzt, um kleinbürgerliches Konsumdenken und politisches Desinteresse zu fördern.  Beispiele gibt es zuhauf. Im Lied „Welcome to St. Tropez“  von „DJ Antoine“ heißt es zu eingängiger und tanzbarer Musik: „Too much money on the bank account, hands in the air when we scream and shout…“  Hier wird der Eindruck vermittelt, dass es besonders erstrebenswert sei, nur nach viel Geld zu trachten um im überschwänglichen Luxus zu schwelgen. Angeberisches Zurschautragen von irgendwie erworbenem Wohlstand wird genauso angepriesen wie ständiges Party machen und Müßiggang. Gesellschaftlich relevante Probleme, wie Arbeitslosigkeit, Arbeitshetzte oder Umweltzerstörung werden hingegen nicht angesprochen. Insofern macht es durchaus Sinn, eine Gegenkultur zur dekadenten Mainstreammusik zu schaffen, und gerne auch in Form von linken Rapliedern.
Letztendlich haben Ansichten bzw. Propaganda wie die von Koljah nur zur Folge, dass politische linke Aktivisten verunsichert werden. Denn schließlich möchte ja keiner Antisemit sein und oder dumpf hohle Sprüche gröhlen. Deswegen ist es wichtig, Diffamierungen, wie sie von Koljah und seinen Gesinnungskameraden ausgehen, nicht unwidersprochen zu lassen und deren Verlogenheit zu entlarven.