Samstag, 18. Februar 2012

Wulff geht ...... erstmal Urlaub in der Luxussuite machen

Nach einer gefühlten Ewigkeit ist Christian Wulff nun von seinem gut dotierten Posten als bundesrepublikanischer Chefgrinser mit fürstlichem Einkommen zurückgetreten. Dass dieser Schritt überfällig war, ist klar, wenn man bedenkt wie sehr Wulf an seinem Stuhl geklebt hat. Um keine Ausrede war er verlegen, kein Lamentieren war ihm zu peinlich und keine absurde Rechtfertigung zu platt. Die Krone der Erbärmlichkeit kann sich Wulff eigentlich nur noch aufsetzen, indem er auf den jährlichen 200.000 Euro Ehrensold für ehemalige Bundespräsidenten beharrt.  Es dürfte der Moralvorstellung des Katholiken Wulff aber nicht widersprechen, eine derartige Pension für den Rest des Lebens zu erhalten, auch wenn die Dienstzeit nur zwanzig Monate betrug und der Rücktritt aufgrund persönlicher Verfehlung erfolgte.
Was der Rücktritt Wulffs aber lehrt, ist laut „Spiegel“, dass in Deutschland der Rechtsstaat noch funktioniere und Frau Merkel betont, dass vor dem Gesetz eben alle gleich sind.  Eine wahrhafte Sternstunde für die Demokratie ist Wulffs Demission, zumindest wenn man der „Zeit“ glauben schenken darf.  Und tatsächlich sind in unserem demokratischen Rechtsstaat alle gleich vor dem Gesetz. Denn wenn Wulff nach 20 Monaten die 200.000 Euro Sofortrente erhält und jemand mit vierzig Arbeitsjahren nur 800 Euro ab 65, dann war der eine eben auch Bundespräsident und die andere nur Kassiererin bei Lidl. Zudem ist Wulfs Rücktritt auch auf Wunsch der Mehrheit der Bevölkerung erfolgt. Kurze eineinhalb Monate nämlich nachdem die meisten ihn zum Teufel jagen wollten. Eine demokratische Sternstunde eben.
Jetzt wo Wulff aber weg ist, und sich einen noch besser bezahlten Posten in irgendeinem Aufsichtsrat suchen kann, werden alle bürgerlichen Parteien nicht müde, zu sagen, wie wichtig es doch jetzt wäre, einen Kandidaten zu finden, der die  moralische Integrität aufweist, die dieses anspruchsvolle Amt abverlangt.  Deswegen verwiesen SPD und Grüne auch sofort nach Wulffs Abschied darauf, dass sie jetzt bereit wären, gemeinsam mit CDU/CSU und FDP einen überparteilichen, geeigneten  Kandidaten zu suchen. Es wird also von ihnen nicht mal mehr ein Scheinkandidat aufgestellt, um einen demokratischen Wettbewerb vorzugaukeln. Aber wieso auch? Schließlich erwiesen sich SPD und Grüne schon bei den Bundestagsabstimmungen zu den europäischen Bankenrettungsprogrammen als Regierungsparteien ohne Kabinettsmitglieder. Was aber auch der Grund sein dürfte, einen bürgerlichen Einheitskandidaten aufzustellen, ist das, was Sigmar Gabriel als „Widerherstellung des Ansehens des Bundespräsidentenamtes“ bezeichnete. Übersetzt bedeutet dies, die psychologische Bindung der Massen an den Staat und den bürgerlichen Parlamentarismus. Gerade in einer Zeit, in der das Vertrauen der Menschen in die bürgerlichen Parteien sinkt und eine allgemeine Wut über deren Politik entsteht, ist ein scheinbar neutraler, weiser Staatsvati, der mal dazwischen geht, wenn der Haussegen schief hängt, ein Instrument, das Vertrauen in den kapitalistischen Staat zu wieder herzustellen. Wer diese Rolle am besten ausfüllen kann, darüber zerbrechen sich jetzt die Parteigranden vom CDU/CSU/SPD/FDP/Grüne in demokratischer Manier hinter verschlossenen Türen den Kopf, um dann in circa einem Monat die Bundesversammlung zusammen zu zitieren, die dem aufgestellten Kandidaten dann die Zustimmung geben darf. Die Spekulationen gehen jetzt natürlich los, wen sie sich aussuchen, um in Zukunft Bierfeste zu eröffnen und bei Reden zu Feiertagen den Moralpostel zu spielen.
Der rechte Pastor Joachim Gauck, der schon 2010 gegen Wulff antrat, gilt bei vielen als heißer Tipp. Und tatsächlich besitzt Gauck eine gewisse Anerkennung in der Bevölkerung, vor allem aufgrund seiner Rolle in der Aufarbeitung der Stasiverbrechen und seiner oppositionellen Stellung zum SED-Regime.  Das ändert aber nichts daran, dass Gauck für fortschrittliche und linke Menschen ebenso wenig akzeptabel ist wie Christian Wulff. Man könnte bei seiner Verteidigung des Agressionskrieges in Afghanistan anfangen und bei seiner Zustimmung für die reaktionären Hartz-Gesetze aufhören. Herausstechend bei Gauck ist aber vor allem sein krankhafter Antikommunismus, der beinhaltet, dass er alles was irgendwie links ist mit SED, Stasi, Mauer, keine Bananen im Konsum usw. gleichsetzt.  Andere Namen die kursieren, sind mal mehr mal weniger realistisch.
Wolfgang Schäulbe und Thomas de Maziere sind beide Kabinettsmitglieder und sind wohl kaum entbehrlich, wenn es darum geht, in  noch weiteren Ländern Demokratie und Freiheit durch die Bundeswehr stabilisieren zu lassen oder den griechischen Nichtsnutzen endlich fiskale und monetäre Disziplin beizubringen. Außerdem können beide auch nicht als sonderlich beliebt gelten. Weitere Namen, die genannt wurden für Wulffs Nachfolge sind Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen, Ex-Bundesumweltminister Klaus Töpfer oder Bundestagspräsident Norbert Lammert. Sie alle zählen wohl zu den CDU Politikern, die etwas beliebter sind, oder besser gesagt beliebter gemacht werden, als der Durschnitt. Wirklich interessant als potenzielle Kandidatin ist eigentlich nur Margot Käßmann, die sich durchaus großer Popularität bei weiten Teilen der Menschen erfreuen kann. Sie war im Gegensatz zu Wulff oder dessen Parteikameraden Adolf Sauerland  bereit, ihren Posten zu räumen, als sie angetrunken am Steuer erwischt wurde, was ihr großen Respekt entgegenbrachte. Außerdem stießen ihre kritischen Äußerungen zum Afghanistankrieg auf viel Beifall, sowie ihre für eine Kirchenvertreterin sehr fortschrittliche Position zur Empfängnisverhütung.
Jedoch würde auch Käßmann sich der kapitalistischen Staatsräson unterordnen müssen. Denn was taugt den deutschen Übermonopolen eine Präsidentin, die ihre Politik und ihre Machenschaften offen kritisiert. Deswegen kann man jetzt schon sagen, wer auch immer Bundespräsident/in wird, er oder sie wird ein Vertreter der Reaktion und des Imperialismus sein. Deswegen bleibt nur interessant, auf welche Art und Weise die herrschende Klasse versucht, die Massen zu täuschen oder aber versucht auf eine härtere Gangart ihnen gegenüber einzustellen. Wer auch immer ausgewählt wird, er oder sie symbolisiert nur die Art und Weise,  wie regiert werden soll, nicht aber einen „Politikwechsel“. Dass die Kapitalistenklasse weiter regiert und dass natürlich auch nur in ihrem eigenen Interesse, das wird auch verhindern, jemals einen fortschrittlichen Menschen im Schloss Bellevue zu sehen.

Mittwoch, 8. Februar 2012

Gottgegeben is' nich

Dieudonné - der Gottgegebene -  so lautet der Vorname von Diedonné M’bala M’bala übersetzt, sorgte in Frankreich immer wieder für Schlagzeilen mit seinen judenfeindlichen Äußerungen und Aktionen.  Am makabersten war wohl seine Verleihung des „Preises für Unangepasstheit“ an den Holocaustleugner Robert Faurisson in KZ-Uniform im Jahre 2008. Neben mehrerer Verurteilungen wegen antisemitischer Äußerungen entblödete sich M’bala M’bala auch dazu, seinem dritten Kind den Taufpaten Jean-Marie Le Pen zu verpassen. Zudem versuchte er bei der Europawahl 2009 mit der sogenannten „Antizionistischen Liste“ auf Stimmenfang zu gehen. Im Programm dieser Partei wimmelt es nur so von nationalistischem Dünkel und paranoiden Verschwörungstheorien. Artikel eins des Parteiprogramms besagt zum Beispiel: „Der Einfluss des Zionismus auf die öffentlichen Angelegenheiten der Nation muss abgeschafft werden". Oder in Artikel fünf wittert die Partei eine jüdische Verschwörung in ganz Frankreich, indem sie sagt, dass „Unser Staat, unsere Regierung und unsere Institutionen von der Vereinnahmung und dem Druck zionistischer Organisationen befreit werden müssen“.
Es braucht also keine großen analytischen Fähigkeiten, um zu erkennen, dass M’bala M’bala die reaktionäre Ideologie des Antisemtismus vollends vertritt und dem faschistoiden Spektrum zuzuordnen ist.  Interessanter ist hingegen die Gefahr, die jemand vom Schlage Dieudonnés aussendet. Offiziell ein Komiker tourt Diedonné regelmäßig mit seinem Programm durch die frankophonen Lande und kann dabei durch aus in größeren Hallen Publikum anlocken. Auf seiner Facebookseite wird er immerhin von über 100.000 angemeldeten Usern geliket. Und wäre Dieudonné ein „ganz normaler“ weißer französischer Antisemit, seine Anziehungskraft und das Interesse für ihn wären wohl weitaus geringer und auf offen rechte Kreise begrenzt. Jedoch hat er selbst einen Migrationshintergrund mit elterlichen Wurzeln in Kamerun und ist noch dazu Moslem.  Diese Rolle als einer der selbst von der französischen Mainstreamgesellschaft ausgeschlossen und stigmatisiert wird, kann ihm durchaus den Zugang zu der großen in Frankreich lebenden Zahl an Migranten aus muslimisch geprägten Ländern erleichtern, zumal er sich früher auch für deren Bleiberechte einsetzte.
Deren Situation ist oft das, was gerne als „prekär“ bezeichnet wird. Also schlechtes Einkommen, wenig Bildungschancen, Leben in sozialer Ausgrenzung und Illegalität. Da bietet sich natürlich ein jüdischer Sündenbock an, der den französischen Staat kontrolliert und aus purem Moslemhass und Weltherrschaftsstreben den Arabern in Frankreich das Leben schwer macht. Außerdem hegen viele Menschen aus muslimischen Ländern eine teilweise berechtigte Kritik an dem Vorgehen des Staates Israel im Nahen Osten. Damit soll nun keineswegs der ganzen arabischen Community in Frankreich unterstellt werden, mit Dieudonné d’accord zu sein oder judenfeindliche Vorbehalte zu haben. Jedoch hat Dieudonnés Demagogie das Potenzial, die Wut über die sozialen Missstände im Kapitalismus in eine reaktionäre Bahn zu lenken. Gleichzeitig dient der Antisemitismus immer auch dazu, die wahren Unterdrücker und Ausbeuter zu verschleiern. Ähnlich wie die faschistoide Tea Party in den USA wird sich scheinbar gegen eine  vermeintliche Elite aufgelehnt, ohne die bourgeoise Klasse als unterdrückende Klasse  oder überhaupt als Klasse zu entlarven.  Deswegen muss Diedonné und Seineslgeichen auch von allen fortschrittlichen Kräften ebenso bekämpft werden wie die Front National.
Es zeigt sich also mal wieder, es gibt keinen Gott. Denn würde es ihn geben, hätte er uns nicht Dieudonné gegeben!

Montag, 6. Februar 2012

Methling weiter am Ruder in Rostock

Laut Ostsee-Zeitung sah Roland Methling seinen Wahlsieg im ersten Wahlgang als Bestätigung der Rostockerinnen und Rostocker für seine Politik. Mit dieser Aussage wird allerdings nicht etwa Methlings Politik bestätigt, sondern vielmehr die Tatsache, dass dieser Mensch weit von der Realität entfernt lebt. Bei einer Wahlbeteilgung von 36,6% und ca. 174.000 Wahlberechtigten stimmten gerade einmal ca 34.260 für Roland Methling. Das sind also nur knapp 20% der Rostocker Bürgerinnen und Bürger, die diesen OB weitere 7 Jahre ertragen wollen. Wenn man dann auch noch Mehtlings absolute Stimmenanzahl vom letzten Sonntag mit der Anzahl vergleicht, die er 2005 erzielte, stellt sich heraus, dass er sogar knapp 7.000 verlor (vgl 2005: 41933 Stimmen für Methling).
Diese Tatsache ist auch nicht weiter verwunderlich, wenn man Methlings Politik der letzten Jahre Revue passieren lässt. Mit aller Macht wollte Roland Methling das stadteigene Südstadt Klinikum verkaufen, wogegen sich in der Bevölkerung starker Widerstand regte. Es ist wohl einer der perifidesten Auswüchse des kapitalistischen Systems, mit der Gesundheit oder vielfach auch Krankheit von Menschen Porfite machen zu wollen. Methling allerdings hat gegen solche Machenschaften wenig einzuwenden. Genauso wie dagegen, dass im Jahre 2007 der Neonaziladen "East Coast Corner" aufmachte. Eine Reaktion seitens des achso antifaschistischen OB blieb damals aus. Zudem rühmt sich Methling damit, 40 Millionen Euro Schulden abgebaut zu haben. Auf wessen Rücken dies geschah, wenn dem denn überhaupt so ist, kann man in Rostock alltäglich erleben. Zuschüsse für Vereine und Jugendclubs wurden gekürzt oder ganz gestrichen. Das Theater siecht dahin. Hingegen hatte Mehtling große Pläne, historische Gebäuder der Hansestadt zu verkaufen wie etwas den Wasserturm oder das Kröpeliner Tor. Kurzum, es gibt genügen Gründe, Roland Mehtling zu kritisieren und ihn als OB abzulehnen.
Und ähnlich dachten wohl auch viele Hansestädter, als am 05.02. die Wahl zum Oberbürgermeister anstand. Dass es nun nicht zu einer Ablösung Methlings kam, scheint auf den ersten Blick schwer nachvollziehbar. Dabei muss aber bedacht werden, dass die "Gegner" Methlings auch keine wirklichen Alternativen zu diesem darstellten und sich auch wenig von ihm inhaltlich distanzierten. Karina Jens, die sicht nicht mal traute den Namen ihrer Partei CDU auf ihre Wahlplakakte zu drucken - was einiges darüber aussagt, wie verhasst diese Partei an der Warnow ist - kam mit der begeisternden Idee, Verwaltung von Hansestadt Rostock und Landkreis Rostock zusammen zu legen. Im Endeffekt würde das für die eh schon zusammengekürzten Belegschaften der Verwaltungen bedeuten, dass am Ende Stellen gestrichen werden. Kerstin Liebich von der Linken kommt nicht weder aus Rostock, noch hat sie längere Zeit in der Stadt gelebt. Das allein muss einen nun nicht gleich disqualifizieren. Doch die Tatsache, dass ihre Wahlaussagen auf den Plakaten vor Inhaltsleere nur so strotzen, sollte es umso mehr. "Rostock Lieb' Ich" wird wohl kaum jemanden überzeugt haben. Als "Linke" hätte sie stattdessen Mehtling für seine durchaus als rechts zu bezeichnende Politik scharf attackieren können. Leere Slogans gab es auch vom vorher als am aussichtreichsten Methlinggegner eingeschätzten Ait Stapelfeld. Dieser, übrigens Chef vom allseits beliebten Rostocker Finanzamt, vertraute mehr darauf Gesichter von anderen Leuten auf seine Plakaten abzudrucken, die erklärten, warum sie ihn aus verschiedenen Gründen unterstützten. Wie er allerdings die hohe Arbeitslosigkeit in der Hansestadt bekämpfen wollte oder mehr günstigen Wohnraum bereitstellen wollte, das konnte Stapelfeld trotz Glücksschwein zum neuen Jahr nicht. Den anderen drei Kandidaten, Sybille Bachmann, Christian Blauel und Toralf Vetter waren im Vorfeld nur wenig Chancen eingeräumt worden und ihre Ergebnisse bestätigten diese Annhame auch. Jedoch war auch da von keinem wirklich eine Alternative zu erwarten, höchstens noch Toralf Vetter, der sich aber wohl aufgrund geringer finanzieller Mittel kaum publik machen konnte.
Bei diesem Pool an mehr oder weniger angepassten Gegenkanditaten wirkt Mehtlings Sieg noch weniger schmeichelhaft, als das, was das Ergebnis in Zahlen eh schon vermuten ließ. Fakt ist jedoch Mehtling bleibt weitere sieben Jahre Bürgermeister in der Stadt der Sieben. Um die Vorfreude auf diese Zeit noch zu vergrößern, kündigter er in der Ostsee-Zeitung schon mal "eine härtere Gangart" an. Hoffentlich bläst ihm auch ein stärkerer Wind  entgegen, vor allem von der Straße, denn von den etablierten Parteien in der Bürgerschaft ist ein Orkan nicht zu erwarten.