Wer geglaubt hat, die orange-braune „Revolution“ in der Ukraine
würde in, naja einem „geordneten“ Übergang verlaufen, liegt leider falsch. Es
zeigt sich, dass in dem Land am Dnjepr die Widersprüche zwischen den imperialistischen
Blöcken immer deutlicher zutage treten.
Russlands Präsident Wladimir Putin besorgte sich mal eben
von der russischen Duma die Erlaubnis, um in der Ukraine notfalls militärisch
zu intervenieren, wenn es nach eigenem Gutdünken Anlass dazu gibt. Bereits
jetzt werden Truppenbewegungen auf der mehrheitlichen russischsprachigen
Halbinsel Krim registriert. Zudem haben scheinbar nicht zuzuordnende Soldaten
strategisch wichtige Punkte auf der Krim besetzt und die Streitkräfte Russlands
im Westen wurden in Alarmbereitschaft versetzt. Klar ist, dass sollte es zu
einer offenen Intervention Russlands kommen, eine klare Verletzung der
Souveränität der Ukraine stattfinden würde. So ein Ereignis ist auch im
Ränkespiel der Imperialisten keine Routine. Jedoch gibt es aus Sicht des
russischen Imperialismus durchaus logische Gründe hier den Hazadeur zu spielen.
Bereits seit Monaten wurde seitens der EU und der USA
versucht, die reaktionäre Regierung unter dem nun abgesetzten Präsidenten
Janukowitsch zu destabilisieren. Im November kam es erstmal zu Massenprotesten
in der Ukraine gegen die Politik der Regierung. Die immer schamlosere
Bereicherung der Janukowitsch-Clique und die sich verschlechternde soziale Lage
für die Massen dürften der Hauptgrund für den Protest sein, auch wenn in den
bürgerlichen Medien vordergründig berichtet wurde, dass die
Nicht-Unterzeichnung eines Assoziierungsabkommens mit der EU der Auslöser war.
Fakt ist jedenfalls, dass die sogenannte Opposition in der Ukraine es erfolgreich
schaffte, sich an die Spitze der Proteste zu stellen und diese für wenig
fortschrittliche Ziele zu instrumentalisieren.
Einer der Protagonisten ist Vitali Klitschko, dessen Partei
UDAR massiv von der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung unterstütz und aufgebaut
wurde. Scheinbar geht es dieser Partei um demokratische Reformen, jedoch wird
in Wirklichkeit eine engere Anbindung an die EU angestrebt, zu der Janukowitsch
nicht bereits war. Ebenso zu erwähnen, ist die faschistische „Swoboda“ Partei
(Freiheit), welche trotz ihres offenen Rassismus und Geschichtsrevisionismus
als legitimer Verhandlungspartner seitens des Westens anerkannt wird. Dazu
kommt die Partei „Allukrainische Vereinigung Vaterland“ der Oligarchin Julia
Timoschenko, die auch den derzeitgen Ministerpräsidenten des Landes Arsenij
Jasenjuk stellt. Trotz massiver Propaganda hierzulande wie auch in der Ukraine
selbst fühlen sich aber bei weitem nicht alle Protestierenden in der Ukraine
von diesen allesamt rechten Parteien repräsentiert.
Der allgemeine Verdruss über die bürgerliche Politik wird
deswegen von extrem militant auftretenden faschistischen Gruppierungen genutzt
wie dem „Rechten Sektor“ oder der etwas „gemäßigteren“ „Gemeinsame Sache“.
Besonders diese Kräfte sind daran beteiligt, vor allem linke oppositionelle zu
bedrohen und anzugreifen, um den Unmut gegenüber den bürgerlich-parlamentarischen
Parteien in reaktionäre Bahnen zu lenken. Auffällig ist, dass gerade die
faschistischen Milizen bei gewaltsamen Zusammenstößen gut ausgerüstet und
organisiert waren. E skann zumindest spekuliert werden, ob diese vom Ausland
finanzielle Unterstützung erhalten.
Aufhorchen lassen sollte nämlich, dass kurz nachdem in der
letzten Woche ein Kompromiss zwischen der Janukowitsch-Regierung und der
parlamentarischen Opposition zustande kam, bewaffnete Kräfte die Regierung
endgültig zum Abtreten zwangen, und den Kompromiss damit hinfällig werden
ließen. Eben dieser Kompromiss kam untermaßgeblichem Einfluss der EU zustande,
nachdem u.a. Bundesaußenminister Steinmeier als „Vermittler“ aufgetreten war.
Besonders die EU und hier nochmal im speziellen Deutschland können nämlich wenig
Interesse daran gehabt haben, mit einem direkten Sturz von Janukowitsch
Russland offen zu provozieren. Auch wenn die EU-Imperialisten die Ukraine
unbedingt in ihren Einflussbereich integrieren wollen, sind sie dennoch auf
gute wirtschaftliche Beziehungen zu Russland angewiesen. Hier sind der
Rohstoffimport aus Russland und der Kapital und Warenexport nach Russland zu
beachten. Der US-Imperialismus hingegen, der weniger wirtschaftlich mit
Russland verbandelt ist und daher weniger Rücksicht nehmen muss, versucht vor
allem seine globale Hegemoniestellung auszubauen und scheint weniger die offene
Konfrontation mit dem östlichen Rivalen zu scheuen. Dies zeigt sich sowohl an
Zbigniew Brzezinskis Eindämmungsdoktrin gegenüber Russland („The great
Chessboard“) als auch an den wenig netten Äußerungen von einer US-Diplomatin („Fuck
the EU). Beides zeigt auf, dass den USA wenig Grund für Zurückhaltung gegeben
scheint und damit der nun herbeigeführte Regierungsumsturz durchaus von diesen
gesteuert worden sein kann.
Allerdings war dies, wie sich jetzt zeigt, ein Spiel mit dem
Feuer. Dass sich Russland in seiner geostrategischen Lage (auf Krim ist u.a.
die Schwarzmeerflotte stationiert) bedroht fühlen würde, musste auch den
US-Imperialisten klar gewesen sein. Die nun fast logischerweise erfolgte
militärische Mobilmachung Russlands könnte dabei in einen offenen Krieg
zwischen der nun pro-westlichen Ukraine und Russland führen. Außerdem ist auch
ein Bürgerkrieg nicht ausgeschlossen, denn die große russische Minderheit im
Land fühlt sich einerseits durch die nationalistischen Töne der neuen
Machthaber bedroht und wird andererseits zum Teil von Russland
instrumentalisiert. Das eine wie das andere Szenario ist nicht total
unwahrscheinlich und in jedem Fall würden auch die westlichen Imperialisten
über weitere Einflussnahme versuchen, solch einen Konflikt in ihrem Sinne zu
entscheiden. Schlimmstenfalls könnten dabei sogar eigenen Truppen zum Einsatz
kommen, sodass es seit 1945 zum ersten Mal wieder zu einem
zwischenimperialistischen Krieg käme.
Die Ukraine ist also tatsächlich ein Pulverfass und es ist
schwer abzuschätzen, wie stark die Lage wirklich weiter eskalieren wird. Es
zeigt sich in jedem Fall, dass die Imperialisten immer aggressiver vorgehen und
die die Widersprüche zwischen ihnen immer offener auftreten. Dabei kann auch
nicht davon gesprochen werden, dass die EU und die USA hier einheitlich gegen
Russland stünden. Die Interessen, selbst innerhalb der EU sind heterogen und
daher ist es kaum vorhersehbar, inwiefern sich die Lage weiterzuspitzen wird.
Die Lehre kann aber schon jetzt gezogen werden, dass die
imperialistischen Interventionen der Großmächte weder für die Menschen in der
Ukraine noch für die in den imperialistischen Zentren viel Gutes bedeuten.
Darum ist für alle InternationalistInnen und Anti-ImperialistInnen höchste Wachsamkeit
geboten.