Nach
dem die Grünen per Urwahl ihre beiden Spitzenkandidaten zur Bundestagswahl
bestimmt haben, mehren sich die Stimmen, die eine künftige Schwarz-Grüne
Koalition nach der Wahl 2013 im Kommen sehen. Medial wird als Grund dafür die
relativ überraschende Wahl von Katrin Göring-Eckardt neben Jürgen Trittin
angesehen. Göring-Eckardt ist Mitglied im Präsidium der Evangelischen
Kirche in Deutschland und gilt Parteiintern als dem rechten oder auch
Realo-Flügel zugehörig. Das nehmen Deutschlands Leitmedien als Indiz, eine
Annäherung der Grünen an die CDU/CSU festzustellen.
Doch
bedarf es wirklich KGE von der EKD, um diese Zwei Parteien füreinander bündnisfähig zu machen? Im ersten Teil des großen Koalitionschecks analysiert
Heinrich Pedersen die Affinität auf Seiten der Bündnisgrünen zu den Unionsspitzen.
Alexander Dobrindt:
Der
Chefreaktionär der Unionsparteien ist für diesen Posten auch wirklich die
Idealbesetzung. Antiatomkraftgegner bräuchten sich nicht zu wundern, wenn in
ihren Gärten bald Minarette stünden. Und die Linke gehört sowieso
verboten. Erstere Äußerung hinzunehmen,
wäre für einen Cem Özdemir wohl dann doch etwas zu viel Integration. Und
letzteres Statement würde wohl auch den letzten grünen Quotenlinken Ströbele
vergraulen. Dabei ist Dobrindt durchaus Mann, aber vor allem Mensch von Welt.
Es muss bei ihm nicht mehr immer nur der Rotary Club sein. Auch im Vapiano oder
im Berghain trifft man den Bayern bei Berlinbesuchen öfter, seitdem er sein
Styling prenzelbergfähig gemacht hat. Trotzdem bleibt die Frage offen, ob die
Grünen, die so sehr in der bürgerlichen Mitte ankommen wollen, ihm den
antigrünen Disstrack „Ein Männlein steht im Walde ganz grün und dumm“ verzeihen
können.
Grünenfaktor:
Etwas mehr rhetorische Nonchalance und der sympathische Hipster darf zumindest
beim veganen Brunch dabei sein.
Peter Altmaier:
Er
ist Umweltminister. Und das könnte ein Problem werden in der nächsten
Koalition. Denn diesen Job will und bekommt ein Grüner, und wenn nicht dann
zumindest eine Grüne. Aber Altmaier ist auch flexibel. Wo Angie ihn braucht, da
geht er hin, ohne zu meckern. Parlamentarischer Staatssekretär im
Innenministerium, Parlamentarischen Geschäftsführer der Unionsfraktion,
Europaexperte oder nun Umweltminister. Altmaier kann alles und macht alles.
Deswegen wird schon irgendein Job für ihn abfallen. Und auch wenn sein Aussehen
nicht gerade en vogue ist, für die Grünen ist Altmaier der Kuschelbär in der
neuen Koaltion. Schon während Zeit der „Pizzaconnection“ ließ er sich bei
informellen Treffen mit grünen Jungpolitikern gut schmecken. Und mit seinem
Herz für Migranten, Homosexuellenrechte und Netzpolitik erweicht er am Ende
auch das Herz des letzten grünen Fundis. Zwar bremst Altmaier als
Umweltminister systematisch die Solarbranche aus, aber für pragmatische
Kompromisse sind die grünen Realos immer zu haben.
Grünenfaktor:
Sogar die grüne Jugend feiert ihn mit der Internationalen. Die Realos feiern
ihn sowieso, zwar ohne die Internationale, aber in Mitte gibt’s doch diesen
netten Italiener. Da könnte man ja mal wieder gemeinsam hin.
Ilse Aigner:
Landwirtschafts-
und Verbraucherschutzministerin. Also schon wieder eine, die einen Job hat, den
die Grünen eigentlich für eine(n) der Ihrigen wollen. Aber puh… Glück gehabt.
Die geht ja nach der bayrischen Landtagswahl wieder zurück in die Provinz.
Grünenfaktor:
Stress gibt’s nur, wenn die CSU die Landtagswahl verliert und sie doch bleiben
will.
Wolfgang Schäuble:
Wenn
sich Helmut Schmidt erst zu Tode gepafft hat, ist er die graue Eminenz der
deutschen Politik. Aber solange Wehrmachtsoffizier a.D. Schmidt noch lebt, wird
Angela Merkel auf Schäuble wohl nicht verzichten wollen. Seine
Law-and-Order-Politik als Innenminister kam bei der freigeistigen Parteibasis der
Grünen ja nicht so toll an. Aber das Gute ist, dass die Gesetzte ja nun schon mal
verabschiedet sind. Und um sich lästige Debatten zu sparen, können die Grünen
getrost darauf verzichten, die Vorratsdatenspeicherung wieder abzuschaffen. Man
wird also keinen Pseudo-Streit mir Kamerad Schäuble anzetteln müssen, um ein
Bürgerrechtsimage zu pflegen. Aber der Schäuble ist ja mittlerweile eh
Finanzminister. Dumm nur, dass das auch Jürgen Trittin werden will. Jedenfalls
sinnierte Schäuble schon 1998 über Schwarz-Grüne Koalitionen und ein
Pragmatiker wie er findet bei den ebenso pragmatischen Grünen vielleicht auch
Anklang
Grünenfaktor: Er ist schon ein oller Spießer. Aber
was soll’s davon haben die Grünen ja selber genug.
Horst Seehofer
Jeder
weiß, die Grünen sind keine singenden Blumenkinder mehr. Auch keine radikalen Friedensaktivisten
und auch keine militanten Gleisblockierer. Man sagt, sie seien entweder erwachsen geworden,
realistisch, in der Mitte der Gesellschaft angekommen, pragmatisch oder einfach
alles zusammen. Jedenfalls sind sie deutlich nach rechts gerückt. Aber der
Abzweig nach rechts ist weit und fast an seinem Ende steht Horst Seehofer. Er
will sich gegen „die Zuwanderung in deutsche Sozialsysteme bis zu letzten
Patrone wehren“. Die Grünen müssen also doch noch ein Stück weiter gehen, damit
sie sich mit dem Vollhorst im Bierzelt zuprosten können. Aber Parteien sind
entwicklungsfähig und Seehofer ist genau wie Dobrindt doch eigentlich gar nicht
so übel, wie es auf den ersten Blick scheint. In zweiter Ehe verheiratet dazu
noch ein Kind außerhalb jeglichen Ehegelübdes gezeugt. So schlimm ist der
katholische Muff beim Seehofer Horst auch wieder nicht.
Grünenfaktor: Der CSU-Chef will ja eh in Bayern
bleiben und solange das so ist, wissen die Grünen ihn und seine
Patchworkfamilie auch als alternatives Lebensmodell zu schätzen.
Ronald Pofalla
Die
rechte Hand der Kanzlerin ist stylisch auf jeden Fall auf der Höhe. Und von ihm
können die Grünen auch politisch noch einiges lernen. Die „dämliche(n)
Fresse(n)“ von parteiinternen Querulanten kann er ja bekanntlich schon lange
nicht mehr sehen. Adrett aber
durchsetzungsstark. Er trifft den Ton der Berliner Politik. Mehr von seiner
Sorte bei den Grünen und man müsste keine nervigen Sonderparteitage
durchführen, um die Beibehaltung der Atomenergie bis 2022 durchzusetzen.
Grünenfaktor: Bei den Grünen beliebter als bei der
CDU. Bekommt nach seiner politischen Karriere eine Job bei der Heinrich-Böll-Stiftung.
Kristina Schröder
Sie
ist selber emanzipiert und wendet sich gegen ein Diktat von Rollenbildern.
Jedenfalls wenn man ihrem Buch glauben darf. Klingt schon irgendwie grün. Aber
die Kristina wird noch besser. Sie fordert von deutschen Unternehmen eine
Frauenquote in Führungspositionen. Jedes grüne Herz wird dabei höher schlagen,
gelten doch auch bei den oberemanzipierten Grünen Frauenquoten als bestes
Mittel, um die gesellschaftliche Benachteiligung von Frauen zu kaschieren. Und
seitdem Frau Schröder auch noch als Ministerin, sozusagen im Amt, ein Kind
bekam, sinniert sie über die Herausforderungen, Familie und Beruf zu
vereinbaren. Dass das mit einem Ministergehalt besonders schwierig ist, können
auch die Grünen Architektinnen, Oberärztinnen, Verwaltungsbeamtinnen und
innovative Unternehmerinnen bestens nachvollziehen.
Grünenfaktor: Voll emanzipiert. Die Grünen müssen
sie einfach lieben.
Ursula von der Leyen
Die Bundesministerin für Arbeit(slosigkeit)
und (Un)Soziales haut gern mal in die Kerbe. Als sie gönnerhaft die Bezüge für
Hartz IV-Empfänger um fünf Euro erhöhte, mahnte sie zugleich an, dass im Hartz
IV-Satz kein Geld für Tabak und Alkohol enthalten sei. Das können bestimmt auch
die Grünen unterschreiben, die sich eh wundern, warum die ganzen Hartzer die
Staatskohle lieber versaufen, anstatt Bioprodukte zu kaufen. Trotzdem
beschlossen die Grünen auf ihrem Parteitag in Hannover, den Hartz-IV Satz auf dekadente
420 Euro zu erhöhen zu wolle n. Ob Frau von der Leyen, den Ökos so viel soziale
Wärme durchgehen lässt, bleibt fraglich.
Grünenfaktor: Passt schon. Gegen „Prekariat“ und „Unterschichten“
verbindet die gleiche Antipathie.
Angela Merkel
Angie
weiß, wie es um die Machtoptionen der CDU steht. Mit der FDP ging es ja widererwarten
nicht so besonders gut und mittlerweile nervt der Koalitionspartner auch nur
noch. Mit den Sozen könnte man es natürlich wieder machen, aber warum nicht
auch mal die Grünen ausprobieren. Vorteilhaft wäre eine Koalition mit den
Grünen insofern, als das sie weniger Ministerposten an den Koalitionspartner
abtreten müsste. Dann wäre auch wieder Spielraum da, so sympathische Kollegen
wie Karl Theodor zu Guttenberg oder Norbert Röttgen zu begnadigen. Inhaltlich
jedenfalls hat Merkel kein Problem mit den Grünen. Wenn’s drauf an kommt,
stimmen sie allem zu, was die CDU vorschlägt. Bankenrettungsschirme,
Gnadenfrist für Atomkraftwerke, Auslandseinsätzen der Bundeswehr. Und alles aus
der „Opposition“ heraus. Wie handzahm müssen die Grünen wohl erst als
Regierungspartei sein? Angie will die Grünen und dann werden die Grünen auch
sie wollen.
Grünenfaktor: Auf jeden Fall besser als die
Zampanos Schröder und Steinbrück
Peer Steinbrück
Huch,
was macht der denn hier? Tja, nachdem die SPD die Bundestagswahl mit einem noch
schlechteren Ergebnis beendet hat als bei der Wahl 2009, war der Schuldige
schnell gefunden. Bei den Genossen in Ungnade gefallen nimmt Angela Merkel
Klare-Kante-Peer in ihre Regierung auf. Warum? Natürlich vor lauter
Dankbarkeit, dass Steinbrück während des Wahlkampfes genau das Gleiche erzählt
hat wie sie selbst und damit auch die letzten SPD Wähler verprellen konnte.
Sein Posten? Minister ohne Geschäftsbereich. Denn nach dem langen Wahlkampf
braucht er erstmal Zeit für eine ausgedehnte Vortragstournee durch die
Hotellobbies der Republik.
Grünenfaktor: Egal, ist ja eh nie da.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen